Verschaffungsanspruch – Eigenbeiträge
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 22.10.2019, 3 AZN 934/19
Leitsätze des Gerichts
Besteht im ursprünglich zugesagten, aber nicht umsetzbaren Durchführungsweg die Pflicht des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers zur Leistung eines Eigenbeitrags zur betrieblichen Altersversorgung, kann der Arbeitnehmer einen an diese Versorgungszusage anknüpfenden Verschaffungsanspruch nur unter Berücksichtigung eines entsprechenden Eigenbeitrags verlangen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 17. Juli 2019 – 3 Sa 14/19 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 365,65 Euro festgesetzt.
Gründe
3 AZN 934/19 > Rn 1
Die ausschließlich auf grundsätzliche Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
3 AZN 934/19 > Rn 2
I. Nach § 72a Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht die Revision nicht zugelassen hat, obwohl dessen Urteil eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Klärung der Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Dabei ist eine Rechtsfrage eine Frage, welche die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (BAG 23. Juni 2016 – 8 AZN 205/16 – Rn. 2 mwN).
3 AZN 934/19 > Rn 3
Der Beschwerdeführer hat die nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu benennen und regelmäßig so präzise und konkret zu formulieren, dass sie bejaht oder verneint werden kann. Das schließt zwar im Einzelfall eine differenzierte Formulierung nicht aus, unzulässig ist aber eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt und damit auf die Antwort „Kann sein“ hinausläuft (BAG 18. September 2012 – 3 AZN 952/12 – Rn. 5). Darüber hinaus sind die Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung und ihre Auswirkungen auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzuzeigen (BAG 13. August 2019 – 8 AZN 171/19 – Rn. 16 mwN).
3 AZN 934/19 > Rn 4
II. Danach ist die Beschwerde nicht begründet. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage:
„Ist eine Arbeitgeberin, die tarifvertraglich oder nach dem Inhalt des Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist, ihrer Beschäftigten eine betriebliche Altersversorgung gem. § 25 TVöD-K nach Maßgabe des ATV bzw. des ATV-K zu verschaffen, diese jedoch mangels möglicher Beteiligung/Mitgliedschaft nicht bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes versichern kann, verpflichtet, der Beschäftigten eine gleichwertige Versorgung ohne Eigenbeteiligung zu verschaffen, wenn und solange eine tarif- oder arbeitsvertragliche Verpflichtung der Beschäftigten zur Erbringung eines konkreten Eigenanteils zu dem gewählten Durchführungsweg nicht besteht?“,
ist nicht klärungsbedürftig. Sie ist in der Rechtsprechung des Senats (BAG 15. Mai 1975 – 3 AZR 257/74 -) geklärt. Der Senat hat im genannten Urteil – auf das sich die anzufechtende Entscheidung maßgeblich stützt – erkannt, dass ein Arbeitnehmer, der einen wertgleichen Verschaffungsanspruch verfolgt, weil der Arbeitgeber ihm eine Versorgung nach der VBL-Satzung nicht verschaffen kann, sich dort aber mit einem Eigenbeitrag hätte beteiligen müssen, auch nur einen Verschaffungsanspruch unter Berücksichtigung seines im zugesagten Durchführungsweg erforderlichen Eigenbeitrags verlangen kann (BAG 15. Mai 1975 – 3 AZR 257/74 – zu 4 der Gründe [juris-Randnummer 34]).
3 AZN 934/19 > Rn 5
Dies wird weder durch das Wort „grundsätzlich“ noch durch den nachfolgenden Absatz (BAG 15. Mai 1975 – 3 AZR 257/74 – zu 4 der Gründe [juris-Randnummer 35]) in Frage gestellt. Im konkreten Fall musste die dortige Klägerin keinen Eigenbeitrag mehr erbringen bzw. sich anrechnen lassen, weil durch den Ablauf der in § 28 VBL-Satzung in der für den damaligen Streitzeitraum maßgeblichen Fassung, die Nachentrichtung nicht entrichteter Pflichtbeiträge durch den Arbeitnehmer auf drei Monate bzw. dreizehn Wochen beschränkt war. Dies hatte zur Folge, dass auch ein unmittelbar bei der VBL versicherter Beschäftigter die Beiträge nicht (mehr) hätte erbringen müssen, sondern der Arbeitgeber. Nur in diesem Fall muss auch ein – einen Verschaffungsanspruch geltend machender – Arbeitnehmer keinen Eigenbeitrag mehr erbringen.
3 AZN 934/19 > Rn 6
Durchgreifende Argumente dafür, dass diese Rechtsprechung unzutreffend ist, zeigt die Beschwerde nicht auf. Der Senat sieht auch keine Gründe davon abzuweichen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich nicht um eine Frage des Durchführungswegs und stellt sich die Frage der Finanzierung nicht lediglich im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Versorgungseinrichtung. Vielmehr geht es um die Frage der Kostenverteilung zwischen den Arbeitsvertragsparteien. Der nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG einstandspflichtige Arbeitgeber muss – wie der Senat bereits ausgesprochen hat (BAG 15. Mai 1975 – 3 AZR 257/74 – zu 4 der Gründe) – nicht mehr Kosten übernehmen als im zugesagten Durchführungsweg.
3 AZN 934/19 > Rn 7
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.
Zwanziger Spinner Wemheuer
S. Hopfner Schmalz