BAG – 6 AZR 524/11

Stufenzuordnung bei Wiedereinstellung nach Befristung – Auslegung von § 16 Abs 3 S 1 TV-L

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 21.02.2013, 6 AZR 524/11
Leitsätze des Gerichts

Bei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L beginnt die Stufenlaufzeit mit der Zuordnung des Beschäftigten zu einer Stufe seiner Entgeltgruppe nach seiner Einstellung nicht neu zu laufen, wenn er zuvor bereits befristet bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und keine schädliche Unterbrechung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt. Ein anderes Verständnis wäre mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht vereinbar.

Tenor

  1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 31. Mai 2011 – 7 Sa 71/10 – aufgehoben, soweit es auf die Berufung des Beklagten unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 15. Dezember 2009 – 10 Ca 3014/09 – die Klage für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. März 2010 abgewiesen hat.
  2. Insoweit wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger zu 76 % und der Beklagte zu 24 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu 83 % und der Beklagte zu 17 % zu tragen. Die Kosten der Revision werden dem Kläger zu 87 % und dem Beklagten zu 13 % auferlegt.

 
Tatbestand

6 AZR 524/11 > Rn 1

Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung des Klägers im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses.

6 AZR 524/11 > Rn 2

Der Kläger war als wissenschaftlicher Mitarbeiter aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse seit dem 1. Mai 2008 für den Beklagten tätig. Noch während des Laufs der letzten Befristung schlossen die Parteien am 18./19. März 2009 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2009 bis 31. März 2011, in dessen § 6 sie den vorherigen Arbeitsvertrag ausdrücklich aufhoben. Im Unterschied zu dem vorherigen Arbeitsverhältnis erfolgte diese Befristung nach dem WissZeitVG. In den Arbeitsverträgen war jeweils die Geltung ua. des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sowie eine Vergütung nach der EG 13 vereinbart. Der Kläger war als wissenschaftlicher Mitarbeiter durchgehend mit der gleichen Tätigkeit beschäftigt. Der Beklagte zahlte dem Kläger noch bis zum 31. März 2010 ein Entgelt aus der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe.

6 AZR 524/11 > Rn 3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse ihm aufgrund seiner einschlägigen Berufserfahrung bereits ab dem 1. Mai 2009 eine Vergütung aus der Stufe 2 der EG 13 zahlen. Der Begriff „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TV-L impliziere zumindest eine Unterbrechung bzw. eine Einstellung für eine andere Tätigkeit, an der es in seinem Fall fehle. Jedes andere Verständnis der tariflichen Normen führe zu einer Verletzung des Benachteiligungsverbots des § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG.

6 AZR 524/11 > Rn 4

Der Kläger hat unter teilweiser Rücknahme der Revision zuletzt beantragt

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Mai 2009 bis zum 31. März 2010 entsprechend der Entgeltgruppe 13 Stufe 2 zu vergüten.

6 AZR 524/11 > Rn 5

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, bei einem Neuvertrag, wie er hier vorliege, sei eine Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 TV-L zu bejahen. Die Berücksichtigung der Berufserfahrung bei der Einstellung und der Stufenaufstieg nach der Einstellung seien scharf zu trennen. Die Berufserfahrungszeiten aus früheren befristeten Arbeitsverhältnissen, die bei der Stufenzuordnung nicht wirksam geworden seien, seien nicht zu berücksichtigen.

6 AZR 524/11 > Rn 6

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
 
 
Entscheidungsgründe

6 AZR 524/11 > Rn 7

Die Revision des Klägers ist, soweit sie zur Entscheidung angefallen ist, begründet. Der Kläger hatte bereits für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. März 2010 Anspruch auf ein Entgelt aus der Stufe 2 der EG 13. Bei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L war die in den früheren befristeten Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung bei der Stufenlaufzeit zu berücksichtigen. Der Kläger war deshalb bereits seit dem 1. Mai 2009 der Stufe 2 der EG 13 zugeordnet.

6 AZR 524/11 > Rn 8

A. Das Landesarbeitsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass für die Stufenzuordnung des Klägers in dem seit dem 1. April 2009 bestehenden Arbeitsverhältnis § 16 Abs. 2 Satz 2 idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L maßgeblich war.

6 AZR 524/11 > Rn 9

I. Die Parteien haben in § 6 des Arbeitsvertrags vom 18./19. März 2009 vereinbart, dass der davor geschlossene, längstens bis zum 16. September 2009 bestehende befristete Arbeitsvertrag mit dem 1. April 2009 außer Kraft trat. Sie haben das zwischen ihnen bestehende befristete Arbeitsverhältnis vor Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses aufgehoben und ein neues befristetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen Befristungsgrund geschlossen. Damit lag eine Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 TV-L vor. Eine solche Einstellung erfolgt auch, wenn wie hier ein neues Arbeitsverhältnis im (unmittelbaren) Anschluss an ein beendetes Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber begründet wird. Für § 16 Abs. 2 TV-L gilt insoweit nichts anderes als für § 16 Abs. 2 TVöD-AT (VKA) (vgl. zu dieser Bestimmung BAG 27. Januar 2011 – 6 AZR 382/09 – Rn. 17 – 19, AP TVöD § 16 Nr. 1 = EzTöD 100 TVöD-AT VKA § 16 Nr. 3). Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet der Begriff „Einstellung“ kein erstmaliges Moment. Mit „Einstellung“ bzw. dem Verb „einstellen“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer angestellt oder in ein Arbeitsverhältnis genommen wird (Duden Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „einstellen“ Ziff. 2). Auch die wiederholte Begründung eines Arbeitsverhältnisses wird von diesem Bedeutungsgehalt umfasst (ebenso Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2011 E § 16 Rn. 16, der sich allerdings dafür ausspricht, bei der Stufenzuordnung von der Fortsetzung eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses auszugehen). Maßgeblich ist, welche Bedeutung die Tarifvertragsparteien diesem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben wollen.

6 AZR 524/11 > Rn 10

1. So ist unter dem Begriff der „letzten Einstellung“ in einer Versorgungsordnung, die zwischen ununterbrochen beschäftigten und zeitweilig ausgeschiedenen Arbeitnehmern differenziert und dabei auf den Beginn der Beschäftigungszeit, in der sich die Betriebstreue des Arbeitnehmers niederschlägt, abstellt, der Beginn des zeitlich ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses zu verstehen (BAG 20. Februar 2001 – 3 AZR 25/00 – zu I 1 und 4 der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 28).

6 AZR 524/11 > Rn 11

2. Dagegen erfasst der Begriff der „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TV-L auch die Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses nach einer rechtlichen Unterbrechung (aA Kahl ZTR 2012, 611, 613). Die Tarifvertragsparteien haben nicht zwischen Neueinstellungen und Wiedereinstellungen differenziert. Dass sie im Gegenteil davon ausgehen, eine „Einstellung“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L liege bei jeder, auch einer wiederholten, Begründung des Arbeitsverhältnisses vor, folgt aus der durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. März 2011 eingefügten Bestimmung des § 44 Nr. 2a Ziff. 1 TV-L. Danach werden bei Arbeitsverhältnissen von Lehrkräften, die nach dem 1. April 2011 neu begründet werden, im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Zeiten einschlägiger Berufserfahrung aus mehreren Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber zusammengerechnet. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn nach Auffassung der Tarifvertragsparteien ohnehin nur die erste Begründung des Arbeitsverhältnisses als Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L für die Stufenzuordnung maßgeblich sein sollte, wie es der Kläger annimmt.

6 AZR 524/11 > Rn 12

II. Aus § 16 Abs. 2 Satz 4 idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L folgt entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes. § 16 Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 TV-L idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L legen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen lediglich fest, dass im Fall einer Vorbeschäftigung bei den dort genannten anderen Arbeitgebern grundsätzlich eine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L anzunehmen ist. Eine Zusammenrechnung der Berufserfahrungszeiten bei der Stufenzuordnung, wie sie § 44 Nr. 2a Ziff. 1 TV-L für Lehrkräfte ausdrücklich anordnet, ist in dieser Vorschrift dagegen nicht vorgesehen.

6 AZR 524/11 > Rn 13

B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L lasse nur die Berücksichtigung der Berufserfahrung aus einem einzigen Arbeitsverhältnis zu. Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich.

6 AZR 524/11 > Rn 14

I. Allerdings ordnet § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L nur die Berücksichtigung der einschlägigen Berufserfahrung aus „einem“ Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber an. Ungeachtet dieser missverständlichen Formulierung ist nach dieser Bestimmung auch die einschlägige Berufserfahrung aus mehreren vorhergehenden Arbeitsverhältnissen zu berücksichtigen (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Oktober 2008 E § 16 Rn. 44 für die inhaltsgleiche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD (Bund); aA Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 25; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Oktober 2009 Teil B 1 § 16 Rn. 34). Für die Beurteilung, ob eine einschlägige Berufserfahrung vorliegt, die dem Arbeitgeber auch im aktuellen Arbeitsverhältnis zugute kommt, spielt es keine Rolle, ob die Erfahrung in einem oder mehreren vorherigen, sei es auch befristeten, Arbeitsverhältnissen erworben worden ist. Darüber hinaus ist nur mit einer Berücksichtigung auch mehrerer vorheriger Arbeitsverhältnisse, bei denen jeweils keine schädliche Unterbrechung im Sinne der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt, sichergestellt, dass bei wiederholten Befristungen, wie sie im öffentlichen Dienst verbreitet üblich sind, dieser Personenkreis überhaupt die Chance zur Berücksichtigung der in diesen Arbeitsverhältnissen gewonnenen Berufserfahrung und damit zum Stufenaufstieg erhält (vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 180/09 – Rn. 16, BAGE 135, 313).

6 AZR 524/11 > Rn 15

II. Auch unter Zusammenrechnung sämtlicher vorheriger Arbeitsverhältnisse seit dem 1. Mai 2008 wies der Kläger im Zeitpunkt seiner Einstellung am 1. April 2009 jedoch erst elf Monate einschlägige Berufserfahrung auf. Mangels einer Berufserfahrung von mindestens einem Jahr war der Kläger deshalb bei seiner letzten Einstellung nicht der Stufe 2 seiner Entgeltgruppe, sondern zunächst noch der Stufe 1 zuzuordnen.

6 AZR 524/11 > Rn 16

C. Das Landesarbeitsgericht hat nicht gesehen, dass § 16 Abs. 3 TV-L gegen § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG verstieße, wenn, wie von ihm angenommen, Zeiten der Beschäftigung in früheren (befristeten) Arbeitsverhältnissen bei der Stufenlaufzeit im neuen Arbeitsverhältnis nicht berücksichtigt würden. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien einen derartigen, höherrangigem Recht widersprechenden Regelungswillen hatten, lassen sich § 16 Abs. 3 TV-L nicht entnehmen.

6 AZR 524/11 > Rn 17

I. § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht allerdings im Unterschied zu § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L, der für die Stufenzuordnung nach der Einstellung die Anrechnung einschlägiger Berufserfahrung, die in befristeten Arbeitsverhältnissen erworben worden ist, ausdrücklich anordnet, für den Stufenaufstieg nicht ebenso die Anrechnung der bei der Stufenzuordnung nicht verbrauchten Zeit einschlägiger Berufserfahrung aus früheren Arbeitsverhältnissen (Restlaufzeit) auf die Stufenlaufzeit vor.

6 AZR 524/11 > Rn 18

II. Gleichwohl verbietet das Gebot der gesetzeskonformen Auslegung von Tarifnormen ein Verständnis des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L dahin, dass Restlaufzeiten aus früheren befristeten Arbeitsverhältnissen generell unberücksichtigt bleiben. Ein solches Verständnis wäre mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht vereinbar. Bei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L beginnt die Stufenlaufzeit mit der Zuordnung des Beschäftigten zu einer Stufe seiner Entgeltgruppe nach seiner Einstellung nicht neu zu laufen, wenn er zuvor bereits befristet bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und keine schädliche Unterbrechung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt. Vielmehr ist die Restlaufzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen. Das gilt unabhängig davon, ob die Einstellung abermals befristet erfolgt oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart wird (Polzer in Dörring/Kutzki TVöD-Kommentar § 16 (Bund) AT Rn. 28 für den TVöD; Wurm ZfPR 2010, 47, 49; aA Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2013 E § 16 Rn. 46 für die mit § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L inhaltsgleiche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD (Bund); Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 51; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16 Rn. 46).

6 AZR 524/11 > Rn 19

1. Tarifnormen sind grundsätzlich so auszulegen, dass sie nicht in Widerspruch zu höherrangigem Recht geraten. Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen, die mit zwingendem höherrangigem Recht in Einklang stehen und damit auch Bestand haben. Lässt eine Tarifnorm eine Auslegung zu, die zu einem mit höherrangigem Recht vereinbaren Ergebnis führt, ist sie in diesem Sinne anzuwenden (BAG 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – zu B II 1 a bb der Gründe, BAGE 73, 364; vgl. auch BAG 26. April 2005 – 1 ABR 1/04 – BAGE 114, 272; 16. Dezember 2004 – 6 AZR 658/03 – ZTR 2005, 424).

6 AZR 524/11 > Rn 20

2. Eine Nichtberücksichtigung der in früheren befristeten Arbeitsverhältnissen erworbenen Berufserfahrung verstieße gegen § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG.

6 AZR 524/11 > Rn 21

a) Die tariflichen Regelungen zur Stufenzuordnung im TV-L hätten dann zur Folge, dass in einer Vielzahl von Fällen Beschäftigte, die vergleichbare Tätigkeiten über einen gleichlangen Zeitraum hinweg erbringen und dabei dieselbe, im tariflichen Sinne „einschlägige“ Berufserfahrung erwerben, abhängig von ihrem Status als befristet oder unbefristet Beschäftigte ein unterschiedlich hohes Entgelt erhielten. Die in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung würde dann tariflich stärker honoriert als die in mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnissen erlangte (zutreffend Kahl ZTR 2012, 611, 612, 614). Würden die bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-L verbliebenen Restlaufzeiten nicht berücksichtigt, hätte dies typischerweise erhebliche Verzögerungen beim Stufenaufstieg zur Folge. So stiege zB ein am 2. Januar 2007 unbefristet eingestellter Beschäftigter am 2. Januar 2017 in die Stufe 5 seiner Entgeltgruppe auf. Demgegenüber erreichte ein ebenfalls am 2. Januar 2007 befristet Eingestellter, bei dem sich am 2. Januar 2009, 2. Januar 2012 und 2. Januar 2016 ohne Unterbrechung weitere Befristungen anschließen, diese Stufe erst am 2. Januar 2020, also drei Jahre später als der unbefristet Beschäftigte. Im Fall des Klägers führte die tarifliche Regelung bei der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Auslegung dazu, dass der Kläger erst am 1. April 2010 und damit elf Monate später als ein am 1. Mai 2008 unbefristet Eingestellter in die Stufe 2 seiner Entgeltgruppe aufstiege. Diese Nachteile beruhten darauf, dass die Stufenlaufzeit bei einem derartigen Normverständnis nach der erneuten befristeten Einstellung jeweils wieder voll durchlaufen werden müsste, weil die bei der Stufenzuordnung nicht verbrauchten Restlaufzeiten gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L nicht berücksichtigt würden.

6 AZR 524/11 > Rn 22

b) Ein Normverständnis, das solche Benachteiligungen befristet Beschäftigter bei der Berücksichtigung der erworbenen, einschlägigen Berufserfahrung zur Folge hätte, wäre mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht zu vereinbaren (ebenso Kahl ZTR 2012, 611, 614 f.).

6 AZR 524/11 > Rn 23

aa) Tarifliche Regelungen müssen mit § 4 TzBfG vereinbar sein. Die in dieser Vorschrift geregelten Diskriminierungsverbote stehen gemäß § 22 TzBfG nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.

6 AZR 524/11 > Rn 24

bb) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG müssen für befristet beschäftigte Arbeitnehmer dieselben Zeiten wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer berücksichtigt werden, wenn bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses im selben Betrieb oder Unternehmen abhängen, es sei denn, dass eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Diese Bestimmung konkretisiert den Grundsatz der Nichtdiskriminierung in § 4 Abs. 2 Satz 1 TzBfG und stellt klar, dass ua. bei Entgeltansprüchen, die von zurückzulegenden Beschäftigungszeiten abhängen, für befristet Beschäftigte dieselben Zeiten wie für unbefristet Beschäftigte zu berücksichtigen sind (BT-Drucks. 14/4374 S. 16). Mit ihr wird Paragraf 4 Nr. 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist (künftig: Rahmenvereinbarung), umgesetzt.

6 AZR 524/11 > Rn 25

cc) Der Senat hat in seiner Rechtsprechung zur Eingruppierung und Stufenzuordnung von Beschäftigten, die nach Ablauf einer Befristung neu eingestellt worden sind (zuletzt 18. Januar 2012 – 6 AZR 496/10 – Rn. 24 ff., AP TVÜ § 1 Nr. 3 = EzTöD 310 TVÜ-Länder § 1 Abs. 1 Nr. 1), stets angenommen, § 4 Abs. 2 TzBfG verbiete nur eine Ungleichbehandlung während der Dauer der Befristung und schütze Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber eingehen, nicht vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Diese Rechtsprechung geht letztlich auf die Entscheidung des Senats vom 11. Dezember 2003 (- 6 AZR 64/03 – BAGE 109, 110) zurück. Darin hat der Senat ausgeführt, dass es ab der Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses an einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG fehle. § 4 Abs. 2 TzBfG schütze nicht Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen eingingen. Nach Ablauf der Befristung könne der Arbeitgeber frei darüber entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen er dem Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags unterbreite. Im Anschluss an eine als wirksam geltende Befristung könne die Begründung eines Dauerarbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen erfolgen (BAG 11. Dezember 2003 – 6 AZR 64/03 – Rn. 49 ff., aaO).

6 AZR 524/11 > Rn 26

dd) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner neueren Rechtsprechung einen anderen Ansatz als der Senat gewählt und auf diese Weise den Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung erheblich ausgedehnt. Er hat angenommen, dass sich auch solche Arbeitnehmer grundsätzlich auf die Rahmenvereinbarung berufen können, die zwischenzeitlich unbefristet beschäftigt sind (EuGH 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 34 f., NZA 2013, 261; vgl. dazu Benecke EuZA 2012, 236, 240).

6 AZR 524/11 > Rn 27

ee) Durch diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der bisherigen Argumentation des Senats, die auf der Annahme beruhte, die Parteien seien nach dem Ende einer wirksamen Befristung bei der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen frei und an frühere Abmachungen nicht gebunden (BAG 18. Januar 2012 – 6 AZR 496/10 – Rn. 27, AP TVÜ § 1 Nr. 3 = EzTöD 310 TVÜ-Länder § 1 Abs. 1 Nr. 1), die Grundlage entzogen. Bei der Auslegung des § 4 Abs. 2 TzBfG, der ausdrücklich der Umsetzung von Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung dient, ist diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu berücksichtigen. Der Senat hält deshalb an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest.

6 AZR 524/11 > Rn 28

ff) Auch im vorliegenden Fall wäre ungeachtet des Umstands, dass der Kläger ausschließlich befristet beschäftigt war, § 16 Abs. 3 TV-L nicht mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG zu vereinbaren, wenn die vom Kläger in den früheren befristeten Arbeitsverhältnissen mit dem Beklagten erworbene Berufserfahrung nicht berücksichtigt würde. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner neueren Rechtsprechung betont, dass die Rahmenvereinbarung, insbesondere ihr Paragraf 4, verhindern soll, dass befristete Arbeitsverhältnisse von einem Arbeitgeber benutzt werden, diesen Arbeitnehmern Rechte vorzuenthalten, die Dauerbeschäftigten zuerkannt werden. Deshalb muss Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung als Ausdruck eines Grundsatzes des Sozialrechts der Union verstanden werden, der nicht restriktiv ausgelegt werden darf (st. Rspr. seit EuGH 13. September 2007 – C-307/05 – [Del Cerro Alonso] Rn. 37 f., Slg. 2007, I-7109). Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 8. September 2011 – C-177/10 – [Rosado Santana] Rn. 65, NZA 2011, 1219). Legte man § 16 Abs. 3 TV-L wie das Landesarbeitsgericht aus, wären befristet Beschäftigte mit einschlägiger, bei der Stufenzuordnung nicht voll berücksichtigter Berufserfahrung ungerechtfertigt benachteiligt. Eine derartige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte untersagt § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG als Umsetzung von Paragraf 4 Nr. 4 der Rahmenvereinbarung.

6 AZR 524/11 > Rn 29

(1) Allerdings hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Beschäftigten, die nach einer Befristung (erneut) eingestellt worden sind, nicht mit Dauerbeschäftigten, sondern mit anderen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis etwa durch Kündigungen oder Aufhebungsverträge unterbrochen waren, verglichen. Ausgehend von dieser Vergleichsgruppenbildung hat er eine Verletzung von § 4 Abs. 2 TzBfG ebenso verneint wie einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (seit Urteil vom 27. November 2008 – 6 AZR 632/08 – Rn. 20 ff., BAGE 128, 317). Jedenfalls für den hier vorliegenden Fall des § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG sind als Vergleichsgruppe die Dauerbeschäftigten heranzuziehen. Das hat bereits der Gesetzgeber klargestellt, wenn er für befristet Beschäftigte die Anerkennung derselben Zeiten wie für unbefristet Beschäftigte verlangt (BT-Drucks. 14/4374 S. 16). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union zieht zum Vergleich ausschließlich die Dauerbeschäftigten heran (vgl. EuGH 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 43, NZA 2013, 261).

6 AZR 524/11 > Rn 30

(2) Befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, die identische Aufgaben verrichten, sind vergleichbar, § 3 Abs. 2 TzBfG. Das gilt auch hinsichtlich ihrer Berufserfahrung. Der einzige Unterschied zwischen diesen Arbeitnehmern besteht darin, dass in einem Fall die Rechtsbeziehung mit dem Arbeitgeber befristet, im anderen Fall auf Dauer angelegt ist (vgl. EuGH 8. September 2011 – C-177/10 – [Rosado Santana] Rn. 69 f., NZA 2011, 1219; 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 44 ff., NZA 2013, 261).

6 AZR 524/11 > Rn 31

(3) Für die uneingeschränkte Berücksichtigung der bei der ununterbrochenen Ausübung der geschuldeten Tätigkeit erworbenen Berufserfahrung in § 16 Abs. 3 TV-L nur bei den unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gibt es keinen sachlichen Grund, der diese unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde.

6 AZR 524/11 > Rn 32

(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt ein sachlicher Grund iSv. Paragraf 4 Nr. 1 und/oder Nr. 4 der Rahmenvereinbarung und damit iSv. § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nur vor, wenn die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Dafür ist Voraussetzung, dass konkrete Umstände vorliegen, die die Differenzierung im konkreten Fall aufgrund objektiver und transparenter Kriterien rechtfertigen. Geeignet sind dabei nur solche Kriterien, die nicht allgemein und abstrakt auf die Beschäftigungsdauer abstellen (EuGH 22. Dezember 2010 – C-444/09 ua. – [Gavieiro Gavieiro] Rn. 57, Slg. 2010, I-14031). Eine Rechtfertigung kann aufgrund der besonderen Art der Aufgaben, zu deren Erfüllung befristete Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmal oder aufgrund der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels in Betracht kommen (EuGH st. Rspr. seit 13. September 2007 – C-307/05 – [Del Cerro Alonso] Rn. 53, Slg. 2007, I-7109; zuletzt 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 51, NZA 2013, 261).

6 AZR 524/11 > Rn 33

(b) Dagegen kann die unterschiedliche Behandlung befristet Beschäftigter und Dauerbeschäftigter nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass sie in einer allgemeinen, abstrakten Regelung des nationalen Rechts, etwa in einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, vorgesehen ist (EuGH st. Rspr. seit 13. September 2007 – C-307/05 – [Del Cerro Alonso] Rn. 57, Slg. 2007, I-7109). Auch reicht der bloße Umstand, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, als sachlicher Grund nicht aus (EuGH 22. Dezember 2010 – C-444/09 ua. – [Gavieiro Gavieiro] Rn. 56, Slg. 2010, I-14031). Ebenso wenig kann die bloße Tatsache, dass nach dem nationalen Recht ein neues Arbeitsverhältnis begründet worden ist, einen sachlichen Grund iSv. Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung darstellen (EuGH 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 65, NZA 2013, 261). In all diesen Fällen hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass die Ziele der Rahmenvereinbarung und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung leerliefen und die für die befristet Beschäftigten bestehende ungünstige Situation fortgeschrieben würde, wenn letztlich der bloße Rechtscharakter der früheren Beschäftigungsverhältnisse die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte (zuletzt EuGH 18. Oktober 2012 – C-302/11 – [Valenza] Rn. 52, 65, aaO). Danach ist Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung auch auf Folgearbeitsverhältnisse, unabhängig davon, ob sie befristet oder unbefristet sind, und auf die unterschiedlichsten Formen der in früheren Beschäftigungsverhältnissen erworbenen Anwartschaften anwendbar (zutreffend Benecke EuZA 2012, 236, 240).

6 AZR 524/11 > Rn 34

(c) Nach diesen Grundsätzen ist kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten bei der Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 TV-L ersichtlich. Wie ausgeführt, erlitten befristet Beschäftigte Nachteile hinsichtlich der Stufenlaufzeit allein deswegen, weil sie ihre Berufserfahrung in einem oder mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen erworben hätten, obwohl diese nach der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L grundsätzlich bei der Ermittlung dieser Erfahrung berücksichtigt werden kann. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TV-L soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern (vgl. für den TVöD BAG 27. Januar 2011 – 6 AZR 526/09 – Rn. 35, BAGE 137, 80). Es spricht nichts dafür, dass die Tarifvertragsparteien die in befristeten Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung geringer gewichten wollten als die in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erworbene. Dagegen spricht schon die Berücksichtigung der Berufserfahrung aus befristeten Arbeitsverhältnissen bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L. Unabhängig davon gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien entgegen dem ausdrücklichen gesetzlichen Verbot der Diskriminierung von befristet Beschäftigten in § 4 Abs. 2 TzBfG diesen Personenkreis gegenüber unbefristet Beschäftigten zurücksetzen wollten.

6 AZR 524/11 > Rn 35

III. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben – im Unterschied zu denen des TVöD in der für die VKA geltenden Fassung – in der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L festgelegt, in welchen Fällen ein vorheriges Arbeitsverhältnis iSd. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L vorliegt. Sie haben dabei berücksichtigt, dass die einschlägige Berufserfahrung bei kurzen zeitlichen Unterbrechungen typischerweise vom Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber an verwertbar ist und in Wahrnehmung ihrer Einschätzungsprärogative den unschädlichen Zeitraum auf sechs Monate bzw. für den Personenkreis des Klägers auf ein Jahr festgelegt. Bei allen drei befristeten Arbeitsverhältnissen, die die Parteien vor dem letzten Vertrag vom 18./19. März 2009 geschlossen haben, handelt es sich danach um berücksichtigungsfähige frühere Arbeitsverhältnisse. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Tätigkeit des Klägers stets unverändert geblieben ist und er einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 TV-L erworben hat, die damit auch für die Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 TV-L zu berücksichtigen ist. Der Kläger war deshalb bereits seit dem 1. Mai 2009 der Stufe 2 der EG 13 zugeordnet.

6 AZR 524/11 > Rn 36

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei war zu berücksichtigen, dass der anwaltlich vertretene Kläger bis zum Termin der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz ausdrücklich die begehrte Feststellung ohne zeitliche Begrenzung für die Zukunft verfolgt hat, obwohl der Beklagte bereits im ersten Rechtszug vorgetragen hatte, er werde dem Kläger ab dem 1. April 2010 ein Entgelt aus der Stufe 2 seiner Entgeltgruppe zahlen. Eine Auslegung des Antrags dahin, dass entgegen dessen ausdrücklichem Wortlaut eine Zahlung ursprünglich nur bis zum 31. März 2010 begehrt worden ist, war nicht möglich. Es ist ein Gebot der Rechtssicherheit, Rechtskundige bei Prozesserklärungen, die derart eindeutig abgegeben werden, beim Wort zu nehmen (vgl. BAG 31. März 1993 – 2 AZR 467/92 – zu B II 2 a der Gründe, BAGE 73, 30; vgl. auch BFH st. Rspr. seit 9. Juni 1986 – IX B 90/85 – BFHE 146, 395; vgl. auch BVerwG 30. April 1985 – 3 CB 35.84 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 231). Deshalb waren dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, soweit sie durch die uneingeschränkte Antragstellung verursacht worden sind. Dabei war zur Ermittlung der Kostenquote nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Bei der Berechnung dieses fiktiven Streitwerts war gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG das 36-Fache der Differenz zum Entgelt aus der Stufe 2 der Entgeltgruppe des Klägers anzusetzen, weil dieser bis zum Termin am 21. Februar 2013 die streitige Differenz nicht nur bis zum 31. März 2010 verlangt hat. Für jede Instanz war bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem 36-Fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten. Ausgehend von dieser Berechnungsweise waren die Kosten zu quotieren (vgl. BAG 18. Januar 2012 – 6 AZR 462/10 – Rn. 22, AP TV UmBw § 6 Nr. 3).
 
 
Fischermeier       Gallner       Spelge
Augat        Manfred Jostes
 
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Fundstellen:
BAGE 144, 263
NZA 2013, 625
DB 2013, 2033