BAG – 7 AZR 61/19

ECLI:DE:BAG:2020:260220.U.7AZR61.19.0

Auflösende Bedingung – Flugdienstuntauglichkeit

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.02.2020, 7 AZR 61/19

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. November 2018 – 17 Sa 397/17 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 7. Februar 2017 – 16 Ca 5933/16 – stattgegeben und die Bedingungskontrollklage abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

7 AZR 61/19 > Rn 1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund Flugdienstuntauglichkeit des Klägers.

7 AZR 61/19 > Rn 2

Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft. Bei ihr ist aufgrund Tarifvertrags eine Personalvertretung für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG gebildet. Der Kläger ist bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 30. Mai 2000 seit dem 11. Juni 2000 als Flugbegleiter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag lautet auszugsweise:

„1.
Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

(1)

Herr S wird ab dem 11.06.2000 als Flugbegleiter in F beschäftigt.

(2)

L kann Herrn S an einem anderen Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

2.
Rechte und Pflichten

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie eine nähere Beschreibung der Art der Tätigkeit ergeben sich aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen geltenden Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils geltenden Fassung, den Dienstvorschriften bzw. Anweisungen und aus den Bestimmungen dieses Arbeitsvertrages.“

7 AZR 61/19 > Rn 3

Der für das Kabinenpersonal der Beklagten geschlossene Manteltarifvertrag Nr. 2 idF vom 1. Januar 2013 (im Folgenden MTV Nr. 2) enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

„§ 19
Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze

(3)
Kabinenmitarbeiter können nach Erreichen der Altersgrenze, wenn und solange sie noch voll leistungsfähig sind, in einer anderen Tätigkeit innerhalb der Gesellschaft weiterbeschäftigt werden, sofern eine fliegerische Tätigkeit nicht mehr in Betracht kommt. In diesem Fall kann jedoch aus der vorangegangenen Tätigkeit als Bordmitarbeiter kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung besteht weder auf Seiten der D noch auf Seiten des Kabinenmitarbeiters.

§ 20
Verlust der Flugdiensttauglichkeit, Beendigung des Arbeitsverhältnisses

(1)
a)
Wird durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, so endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 frühestens zulässig gewesen wäre.

Flugdienstuntauglichkeit im Sinne dieser Bestimmungen ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit nach den einschlägigen Vorschriften weiter auszuüben.

(3)
Die Bestimmungen des § 19 Abs. (3) gelten für den Fall einer Weiterbeschäftigung als Angestellter mit einer anderen nicht fliegerischen Tätigkeit entsprechend.

§ 22
Kündigung

(2)
Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigung

– bis zu 5 Jahren

6 Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres,

– von mehr als 5 Jahren bis zu 8 Jahren

3 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres,

– von mehr als 8 Jahren bis zu 10 Jahren

4 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres,

– von mehr als 10 Jahren bis zu 12 Jahren

5 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres,

– von mehr als 12 Jahren

6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.

Das Recht der D, dem unkündbaren Mitarbeiter aus gerechtfertigtem Grunde andere Aufgaben zu übertragen, bleibt hiervon unberührt. Die D ist zur Übertragung anderer angemessener Aufgaben verpflichtet, wenn der bisherige Arbeitsplatz des unkündbaren Mitarbeiters wegfällt.“

7 AZR 61/19 > Rn 4

Nachdem die dauerhafte Flugdienstuntauglichkeit des Klägers festgestellt und dem Kläger bekanntgegeben worden war, unterrichtete die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 12. September 2016, das dem Kläger am 16. September 2016 zuging, darüber, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund festgestellter dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit gemäß § 20 MTV Nr. 2 am 31. März 2017 ende. Weiter heißt es in dem Schreiben ua.:

„Bitte informieren Sie uns mit dem beiliegenden Formblatt bis zum 10. Oktober 2016, ob Sie an einer Tätigkeit am Boden interessiert sind. Falls Interesse besteht, werden wir Ihnen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz am Boden behilflich sein.

Für den Fall, dass wir von Ihnen bis zum o.g. Zeitpunkt keine Antwort erhalten haben, gehen wir davon aus, dass Sie an einem Arbeitsplatz am Boden nicht interessiert sind.

Eine Tätigkeit am Boden ist selbstverständlich davon abhängig, ob eine – Ihren Anforderungen und Qualifikationen – entsprechende Stelle zu besetzen ist und Sie hierfür entsprechend den Regeln für interne Stellenausschreibungen für Bodenarbeitsplätze ausgewählt werden. Außerdem muss die Besetzung der freien Stelle für einen Zeitpunkt vorgesehen sein, der vor Beendigung Ihres Bordarbeitsverhältnisses liegt, wenn Sie als interner Bewerber berücksichtigt werden wollen.“

7 AZR 61/19 > Rn 5

Nachdem der Kläger sein Interesse an einer Tätigkeit im Bodendienst bekundet hatte, lud die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 1. November 2016 zu einem „BEM-Boden-Gespräch“ für den 19. Dezember 2016 ein. Der Kläger bat aus gesundheitlichen Gründen um Terminsverlegung. Daraufhin schlug die Beklagte dem Kläger drei Alternativtermine für ein „BEM-Boden-Gespräch“ vor.

7 AZR 61/19 > Rn 6

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 9. September 2016 eingegangenen und der Beklagten am 16. September 2016 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis habe nicht nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 geendet. Die dauerhafte Flugdienstuntauglichkeit allein führe nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Erst die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit beim Arbeitgeber rechtfertige die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber müsse daher dem Arbeitnehmer einen anderen, für ihn geeigneten Arbeitsplatz anbieten, bevor er sich auf die auflösende Bedingung berufen dürfe. Ein solches Angebot sei nicht erfolgt. Die Beklagte treffe hinsichtlich des Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten eine erweiterte Darlegungslast, da sie vor der Beendigungsmitteilung kein ordnungsgemäßes betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt habe. Der erweiterten Darlegungslast sei die Beklagte nicht nachgekommen. Zudem scheitere die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch daran, dass die Personalvertretung zuvor – unstreitig – nicht angehört worden sei.

7 AZR 61/19 > Rn 7

Der Kläger hat zuletzt – soweit für die Revision von Bedeutung – mit dem Klageantrag zu 3. beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 zum 31. März 2017 beendet worden ist.

7 AZR 61/19 > Rn 8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe infolge dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit des Klägers nach § 20 MTV Nr. 2 am 31. März 2017 geendet. Auf das Bestehen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit komme es nicht an. Jedenfalls gebe es keine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger im Bodendienst. Die Grundsätze der erweiterten Darlegungslast wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements fänden bei der auflösenden Bedingung keine Anwendung. Sie treffe aber auch deshalb keine erweiterte Darlegungslast hinsichtlich des Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, weil sie dem Kläger mit Schreiben vom 1. November 2016 die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements ordnungsgemäß angeboten und der Kläger dieses Angebot nicht angenommen habe.

7 AZR 61/19 > Rn 9

Das Arbeitsgericht hat dem Bedingungskontrollantrag stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat ihn abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

7 AZR 61/19 > Rn 10

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung der Beklagten stattgegeben und den Bedingungskontrollantrag abgewiesen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann dieser Antrag nicht abgewiesen werden. Der Senat kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit des Klägers nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 am 31. März 2017 geendet hat.

7 AZR 61/19 > Rn 11

I. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der in der Revision allein noch anhängige Bedingungskontrollantrag nicht abgewiesen werden.

7 AZR 61/19 > Rn 12

1. Die auflösende Bedingung gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 gilt nicht nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als eingetreten. Der Kläger hat die Bedingungskontrollklage rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erhoben.

7 AZR 61/19 > Rn 13

a) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG gilt eine auflösende Bedingung als zu dem in der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber angegebenen Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung eingetreten, wenn der Arbeitnehmer den Nichteintritt der auflösenden Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG gerichtlich geltend gemacht hat (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 16; 20. Juni 2018 – 7 AZR 689/16 – Rn. 38 mwN).

7 AZR 61/19 > Rn 14

Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist (st. Rspr., vgl. BAG 20. Juni 2018 – 7 AZR 689/16 – Rn. 39 mwN). Ist streitig, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, beginnt die Dreiwochenfrist grundsätzlich zu dem vom Arbeitgeber in dem Unterrichtungsschreiben angegebenen Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu laufen. Geht dem Arbeitnehmer das Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers erst nach diesem Zeitpunkt zu, beginnt die dreiwöchige Klagefrist erst mit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens (BAG 4. November 2015 – 7 AZR 851/13 – Rn. 27).

7 AZR 61/19 > Rn 15

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger rechtzeitig Bedingungskontrollklage erhoben. Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 12. September 2016 darüber unterrichtet, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund Eintritts der auflösenden Bedingung gemäß § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 am 31. März 2017 enden werde. Die Dreiwochenfrist begann damit weder mit der Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Kläger noch mit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 12. September 2016, sondern am 31. März 2017 als dem von der Beklagten in dem Unterrichtungsschreiben angegebenen Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu laufen und endete am 21. April 2017. Der Kläger hat die Bedingungskontrollklage bereits nach Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 12. September 2016 mit der der Beklagten am 16. September 2016 zugestellten Klage erhoben. Der in der Klageschrift angekündigte Antrag zu 3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund einer dauernden Flugdienstuntauglichkeit des Klägers im worden beendet ist, ist zwar nicht an §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG orientiert und gibt die auflösende Bedingung selbst nicht ausreichend wieder. Aus der Klagebegründung und dem der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 20. September 2016 beigefügten Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 12. September 2016 ergibt sich jedoch, dass der Kläger von Anfang an geltend gemacht hat, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund der auflösenden Bedingung nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 am 31. März 2017 geendet. Letztlich kann dies dahinstehen. Der Kläger hat den Klageantrag zu 3. in seiner jetzigen, an §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG orientierten Fassung bereits vor Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist am 7. Februar 2017 in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht gestellt.

7 AZR 61/19 > Rn 16

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass der Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 allein an die festgestellte dauerhafte Flugdienstuntauglichkeit anknüpfe und nicht das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst voraussetze.

7 AZR 61/19 > Rn 17

a) Nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 MTV Nr. 2 frühestens zulässig gewesen wäre, wenn durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt wird, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Diese Tarifvorschrift ist dahin auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst besteht und der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung im Bodendienst vom Arbeitgeber verlangt (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 20; vgl. zu inhaltsgleichen Vorgängerregelungen: BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 185/07 – Rn. 22; 11. Oktober 1995 – 7 AZR 119/95 – zu 1 der Gründe, BAGE 81, 148; 14. Mai 1987 – 2 AZR 374/86 – zu B II 3 b der Gründe). Es kommt daher für den Eintritt der auflösenden Bedingung nach der Tarifvorschrift nicht nur darauf an, dass der Arbeitnehmer nicht mehr im fliegerischen Bereich eingesetzt werden kann; die auflösende Bedingung setzt vielmehr voraus, dass auch keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Diese Auslegung entspricht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch dem in der Tarifnorm zum Ausdruck kommenden Willen der Tarifvertragsparteien. Zwar ist in der tariflichen Regelung die fehlende anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit als Voraussetzung für den Eintritt der auflösenden Bedingung nicht ausdrücklich formuliert. Sie ergibt sich aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aus dem bei der Tarifauslegung zu berücksichtigenden tariflichen Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck der Regelung (vgl. zur Auslegung des normativen Teils von Tarifverträgen BAG 20. November 2019 – 5 AZR 39/19 – Rn. 20).

7 AZR 61/19 > Rn 18

aa) Die auflösende Bedingung für den Fall einer festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit beruht auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der betroffene Arbeitnehmer werde künftig die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen können. Eine daran anknüpfende auflösende Bedingung dient einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aufgrund eines körperlichen Mangels dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete fliegerische Tätigkeit zu erbringen, und der zum Schutz seiner eigenen Gesundheit sowie zum Schutz der Flugsicherheit hierzu auch nicht berechtigt ist (Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 iVm. Anhang IV MED.C.001 und MED.C.005). Andererseits will die Vorschrift den berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung tragen und es ihm ermöglichen, sich unter erleichterten Voraussetzungen von dem Arbeitnehmer trennen zu können, wenn infolge der Flugdienstuntauglichkeit eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht. Dies ist nicht der Fall, wenn der betreffende Arbeitnehmer auf einem freien Arbeitsplatz im Bodendienst weiterbeschäftigt werden kann (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 21; vgl. zu inhaltsgleichen Vorgängerregelungen: BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 185/07 – Rn. 22; 11. Oktober 1995 – 7 AZR 119/95 – zu 1 der Gründe, BAGE 81, 148; 14. Mai 1987 – 2 AZR 374/86 – zu B II 3 b aa der Gründe). Dem Schutzbedürfnis beider Vertragsparteien wird bei einer festgestellten Flugdienstuntauglichkeit des Arbeitnehmers Rechnung getragen, wenn ihn der Arbeitgeber auf einem freien und geeigneten Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann.

7 AZR 61/19 > Rn 19

bb) Die Auslegung der Tarifnorm dahin, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst besteht, wird durch die in § 20 Abs. 3 MTV Nr. 2 enthaltene Verweisung auf § 19 Abs. 3 MTV Nr. 2 bestätigt (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 22; vgl. zu inhaltsgleichen Vorgängerregelungen: BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 185/07 – Rn. 22; 14. Mai 1987 – 2 AZR 374/86 – zu B II 3 b aa der Gründe). Nach § 19 Abs. 3 Satz 2 MTV Nr. 2 kann im Fall einer Weiterbeschäftigung des Bordmitarbeiters als Angestellter mit einer anderen nicht fliegerischen Tätigkeit aus der vorangegangenen Tätigkeit als Bordmitarbeiter kein Anspruch auf Fortzahlung der bis dahin gezahlten Bezüge abgeleitet werden. Diese Regelung zeigt, dass allein die Flugdienstuntauglichkeit eines Bordmitarbeiters nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien nicht stets zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses führt. Zwar besteht nach § 19 Abs. 3 Satz 3 MTV Nr. 2 eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung weder auf Seiten der Beklagten noch auf Seiten des Kabinenmitarbeiters. Diese Bestimmung wird jedoch trotz der Formulierung in § 20 Abs. 3 MTV Nr. 2 „Die Bestimmungen des § 19 Abs. (3) gelten … entsprechend“ von der Verweisung nicht umfasst, da die Verweisung nur „für den Fall einer Weiterbeschäftigung als Angestellter mit einer anderen nicht fliegerischen Tätigkeit“ gilt. Insoweit handelt es sich um eine bloße Rechtsfolgenverweisung.

7 AZR 61/19 > Rn 20

cc) Für dieses Verständnis der auflösenden Bedingung in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 spricht auch der Grundsatz der möglichst gesetzeskonformen Auslegung von Tarifverträgen.

7 AZR 61/19 > Rn 21

(1) Tarifliche Bestimmungen, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, bedürfen eines Sachgrundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG (BAG 20. Juni 2018 – 7 AZR 690/16 – Rn. 32; 15. Februar 2017 – 7 AZR 82/15 – Rn. 20; 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 26, BAGE 156, 8; 23. März 2016 – 7 AZR 827/13 – Rn. 20, BAGE 155, 1; 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zu B II 1 b bb der Gründe). Sie sind nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit ggf. geltungserhaltend auszulegen (vgl. BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 26, aaO; 23. Februar 2000 – 7 AZR 891/98 – zu B II 1 b bb der Gründe).

7 AZR 61/19 > Rn 22

(2) Die in § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 geregelte auflösende Bedingung genügt nur dann der arbeitsgerichtlichen Bedingungskontrolle, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses neben der Flugdienstuntauglichkeit das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit voraussetzt. Der Verlust der Flugdiensttauglichkeit stellt für sich allein keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die sich aus der Flugdienstuntauglichkeit ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit kann die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG rechtfertigen (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 25; 16. Oktober 2008 – 7 AZR 185/07 – Rn. 22; 14. Mai 1987 – 2 AZR 374/86 – zu B II 3 b aa der Gründe). Das durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn ein Arbeitsplatz im Bodendienst frei ist, auf dem der Arbeitnehmer mit dem verbliebenen Leistungsvermögen und seinen fachlichen und berufspraktischen Kenntnissen eingesetzt werden kann. Das gilt auch dann, wenn der Einsatz eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen voraussetzt. Zwar schützt Art. 12 Abs. 1 GG auch die Vertrags- und Dispositionsfreiheit der Arbeitgeber zum Abschluss von Arbeitsverträgen mit den Beschäftigten (BVerfG 6. Juni 2018 – 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 – Rn. 38 mwN, BVerfGE 149, 126). Das umfasst auch die Vertrags- und Dispositionsfreiheit der Arbeitgeber hinsichtlich des Abschlusses von Änderungsverträgen. Solange der Arbeitnehmer jedoch nach seinem Leistungsvermögen und seinen Kenntnissen und Fähigkeiten auf einem freien Arbeitsplatz im Bodendienst eingesetzt werden kann, überwiegt sein Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Arbeitgebers am Schutz seiner Vertrags- und Dispositionsfreiheit. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer im Fall des Ausscheidens durch den Bezug einer Übergangsversorgung abgesichert ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 25; vgl. zum Bezug einer Erwerbsminderungsrente BAG 27. Juli 2016 – 7 AZR 276/14 – Rn. 30, BAGE 156, 8).

7 AZR 61/19 > Rn 23

dd) Der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses trotz festgestellter dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit setzt allerdings voraus, dass der Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf der nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 geltenden Frist seine Bereitschaft erklärt, im Bodendienst tätig zu werden.

 

7 AZR 61/19 > Rn 24

(1) Eine Weiterbeschäftigung des bisher im fliegerischen Dienst beschäftigten flugdienstuntauglichen Kabinenmitarbeiters im Bodendienst erfolgt – wie § 20 Abs. 3 iVm. § 19 Abs. 3 Satz 2 MTV Nr. 2 zeigt – nicht zu unveränderten Arbeitsbedingungen. Deshalb setzt die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers neben einem freien leistungsgerechten Arbeitsplatz im Bodendienst seine Bereitschaft voraus, im Bodendienst zu geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu werden. Der Arbeitgeber kann von einer solchen Bereitschaft wegen der erforderlichen Vertragsänderung nicht ohne weiteres ausgehen. Daher obliegt es dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber sein Interesse an der Weiterbeschäftigung im Bodendienst mitzuteilen (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 27; vgl. zum Weiterbeschäftigungsverlangen im Fall der Bewilligung von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente: BAG 31. Juli 2002 – 7 AZR 118/01 – zu I 2 c der Gründe, BAGE 102, 114; 9. August 2000 – 7 AZR 749/98 – zu A II 2 c aa der Gründe).

7 AZR 61/19 > Rn 25

(2) Die Erklärung muss dem Arbeitgeber vor dem nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 vorgesehenen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung zugehen. Die Tarifvorschrift über die auflösende Bedingung dient nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers vor Überbeanspruchung. Sie will auch dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der dauerhaft gesundheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss, um entsprechende Personaldispositionen, zB durch Neueinstellungen, vornehmen zu können, die Möglichkeit haben zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis infolge der Flugdienstuntauglichkeit endet oder wegen Bestehens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fortbesteht. Dies erfordert, dass der Arbeitnehmer ihm noch vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung und damit vor Ablauf der in §§ 20, 22 MTV Nr. 2 genannten Frist mitteilt, ob er zu einer Beschäftigung im Bodendienst bereit ist.

7 AZR 61/19 > Rn 26

ee) Die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung im Bodendienst setzt das Bestehen eines freien Arbeitsplatzes voraus, auf dem der Arbeitnehmer mit seinem Leistungsvermögen und seinen fachlichen und berufspraktischen Kenntnissen eingesetzt werden kann. Das umfasst nicht nur solche Arbeitsplätze, die bis zum Ablauf der Frist der §§ 20, 22 MTV Nr. 2 frei werden, sondern auch solche Arbeitsplätze, bei denen im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung feststeht, dass sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist frei werden, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 29; 11. Oktober 1995 – 7 AZR 119/95 – zu 2 der Gründe, BAGE 81, 148; vgl. zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten iSv. § 33 Abs. 3 TV-L BAG 30. August 2017 – 7 AZR 204/16 – Rn. 25, BAGE 160, 150).

7 AZR 61/19 > Rn 27

ff) Bei der Beurteilung, ob Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestehen, gilt grundsätzlich eine abgestufte Darlegungslast (vgl. BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 30; 11. Oktober 1995 – 7 AZR 119/95 – zu 3 a der Gründe, BAGE 81, 148; vgl. zum Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten iSv. § 33 Abs. 3 TV-L BAG 30. August 2017 – 7 AZR 204/16 – Rn. 37, BAGE 160, 150).

7 AZR 61/19 > Rn 28

(1) Der Arbeitgeber, der nach allgemeinen Grundsätzen für den Eintritt der auflösenden Bedingung darlegungsbelastet ist, muss, um seiner Darlegungslast zu genügen, zunächst behaupten, für den Arbeitnehmer bestehe keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit. Es obliegt dann grundsätzlich dem Arbeitnehmer, konkret vorzutragen, wie er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Erst ein solches Vorbringen verpflichtet den Arbeitgeber zu erläutern, aus welchen Gründen eine derartige Weiterbeschäftigung nicht in Betracht kommt (vgl. BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 31; 11. Oktober 1995 – 7 AZR 119/95 – zu 3 a der Gründe, BAGE 81, 148).

7 AZR 61/19 > Rn 29

(2) Hat der Arbeitgeber entgegen den Vorgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF; seit dem 1. Januar 2018: § 167 Abs. 2 SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement unterlassen oder nicht ordnungsgemäß unternommen, kann dies zu einer Erweiterung seiner Darlegungslast hinsichtlich des Bestehens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten führen. Zwar ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2. Mit Hilfe des betrieblichen Eingliederungsmanagements können jedoch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen, ggf. „freizumachenden“ Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis zu erhalten (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 32; vgl. zu § 33 Abs. 3 TV-L BAG 30. August 2017 – 7 AZR 204/16 – Rn. 39, BAGE 160, 150; 27. Juli 2011 – 7 AZR 402/10 – Rn. 60). Hat der Arbeitgeber entgegen seiner gesetzlichen Pflicht ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt, darf der Arbeitgeber sich dadurch keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen können (vgl. zur Kündigung BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08 – Rn. 19). In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber im Rahmen der Darlegung fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2 nicht darauf beschränken vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer und es gebe keine Arbeitsplätze im Bodendienst, die dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ausscheidet. Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst seine Weiterbeschäftigung vorstellt (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 32; vgl. zu § 33 Abs. 3 TV-L BAG 30. August 2017 – 7 AZR 204/16 – Rn. 39, aaO; 27. Juli 2011 – 7 AZR 402/10 – Rn. 60; vgl. zur Kündigung BAG 30. September 2010 – 2 AZR 88/09 – Rn. 35, BAGE 135, 361).

7 AZR 61/19 > Rn 30

(3) Nur wenn auch die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können, ist sein Fehlen unschädlich. Will sich der Arbeitgeber hierauf berufen, hat er die objektive Nutzlosigkeit des betrieblichen Eingliederungsmanagements darzulegen und ggf. zu beweisen. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, warum der flugdienstuntaugliche Arbeitnehmer nicht auf einem Arbeitsplatz im Bodendienst hätte eingesetzt werden können, warum also ein betriebliches Eingliederungsmanagement in keinem Fall dazu hätte beitragen können, das Arbeitsverhältnis zu erhalten (BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 33; vgl. zu § 33 Abs. 3 TV-L BAG 30. August 2017 – 7 AZR 204/16 – Rn. 40, BAGE 160, 150; 27. Juli 2011 – 7 AZR 402/10 – Rn. 60; zur Kündigung: BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 39, BAGE 150, 117; 20. März 2014 – 2 AZR 565/12 – Rn. 34).

7 AZR 61/19 > Rn 31

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht die Bedingungskontrollklage mit einer rechtsfehlerhaften Begründung abgewiesen. Der Kläger ist zwar dauerhaft flugdienstuntauglich. Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht nicht geprüft, ob für den Kläger eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst bestand.

7 AZR 61/19 > Rn 32

II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, soweit der Bedingungskontrollantrag abgewiesen wurde.

7 AZR 61/19 > Rn 33

1. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob für den Kläger, der eine Weiterbeschäftigung im Bodendienst vor dem Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist am 31. März 2017 verlangt hat, keine Beschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst bestanden hat. Das Landesarbeitsgericht wird diese Prüfung nachzuholen und dabei Folgendes zu beachten haben.

7 AZR 61/19 > Rn 34

a) Entgegen der Ansicht des Klägers sind Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei anderen Konzerngesellschaften nicht in Betracht zu ziehen. § 19 Abs. 3 MTV Nr. 2, auf den § 20 Abs. 3 MTV Nr. 2 hinsichtlich der anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit verweist, beschränkt die Weiterbeschäftigung auf eine andere Tätigkeit „innerhalb der Gesellschaft“ und damit auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten (vgl. zur Vorgängerregelung BAG 16. Oktober 2008 – 7 AZR 185/07 – Rn. 25). Eine über den MTV Nr. 2 hinausgehende Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten folgt schon deshalb nicht aus Ziff. 1 des Arbeitsvertrags vom 30. Mai 2000, weil dieser nur einen vorübergehenden Einsatz des Klägers bei einem anderen Unternehmen zulässt.

7 AZR 61/19 > Rn 35

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die Beklagte mit ihrer Behauptung, für den Kläger gebe es keine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, ihrer Darlegungslast nachgekommen ist. Das wäre nicht der Fall, wenn die Beklagte entgegen den Vorgaben des § 84 Abs. 2 SGB IX in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF; seit dem 1. Januar 2018: § 167 Abs. 2 SGB IX) ein betriebliches Eingliederungsmanagement unterlassen oder nicht ordnungsgemäß unternommen hätte.

7 AZR 61/19 > Rn 36

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF ist ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war. Feststellungen dazu, ob der Kläger innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt war, sind bislang nicht getroffen. Dies wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen haben.

7 AZR 61/19 > Rn 37

Sollte die Beklagte zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements verpflichtet gewesen sein, wird das Landesarbeitsgericht weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte ein betriebliches Eingliederungsmanagement ordnungsgemäß durchgeführt hat oder ob sie ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchführen konnte, weil der Kläger auf ein regelkonformes Zustimmungsersuchen seine Zustimmung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht erteilt hat (vgl. BAG 17. April 2019 – 7 AZR 292/17 – Rn. 38 mwN). Diese Prüfung ist nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte den Kläger zu einem „BEM-Boden-Gespräch“ erst eingeladen hat, nachdem dem Kläger das Unterrichtungsschreiben der Beklagten über den Eintritt der auflösenden Bedingung zugegangen war. Den Arbeitgeber trifft keine erweiterte Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, wenn er zwar nach Zugang des Unterrichtungsschreibens, aber noch vor dem Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 ein betriebliches Eingliederungsmanagement ordnungsgemäß durchgeführt oder versucht hat.

 

7 AZR 61/19 > Rn 38

aa) Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Eintritt der auflösenden Bedingung nach § 20 Abs. 1 Buchst. a MTV Nr. 2. Das betriebliche Eingliederungsmanagement dient bei festgestellter Flugdienstuntauglichkeit vielmehr dazu, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst zu erkennen und zu entwickeln mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Dieses Ziel kann noch bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 durch ein betriebliches Eingliederungsmanagement erreicht werden, da die auflösende Bedingung nicht eintritt, wenn bis zu diesem Zeitpunkt eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gefunden wird. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kann sich auch noch nach dem Zugang des Unterrichtungsschreibens bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 ergeben (vgl. BAG 5. Juli 1990 – 2 AZR 542/89 – zu 4 der Gründe).

7 AZR 61/19 > Rn 39

bb) Der Zeitpunkt des Zugangs des Unterrichtungsschreibens ist für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Bestehens oder Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten unerheblich. Eine rechtsgestaltende Wirkung kommt dem Unterrichtungsschreiben – anders als einer Kündigung – nicht zu (BAG 16. Januar 2018 – 7 AZR 622/15 – Rn. 26, BAGE 161, 266). Der Bedingungseintritt hängt nicht von dem Unterrichtungsschreiben ab. Das Unterrichtungsschreiben setzt auch nicht die tarifvertragliche Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 in Gang; diese knüpft an die Feststellung und die Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an. Durch das Unterrichtungsschreiben soll der Arbeitnehmer über den Bedingungseintritt und den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kenntnis gesetzt werden; dies kann auch schon vor dem Bedingungseintritt erfolgen. Den Arbeitgeber trifft daher auch dann keine erweiterte Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Fehlens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, wenn er ein betriebliches Eingliederungsmanagement erst nach Zugang des Unterrichtungsschreibens, aber vor dem Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist nach §§ 20, 22 MTV Nr. 2 durchgeführt oder versucht hat. In diesem Fall hat der Arbeitgeber sich keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile durch Unterlassen eines (ordnungsgemäßen) betrieblichen Eingliederungsmanagements verschafft, die durch Erweiterung seiner Darlegungs- und Beweislast ausgeglichen werden müssten.

7 AZR 61/19 > Rn 40

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass der Eintritt der auflösenden Bedingung nicht von einer Beteiligung der bei der Beklagten nach § 117 Abs. 2 BetrVG gebildeten Personalvertretung abhängt. Hierfür fehlt es schon an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Eine solche findet sich nicht im Gesetz. Insbesondere ist § 102 BetrVG nicht entsprechend auf die Mitteilung des Bedingungseintritts iSv. § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG anzuwenden. Auch die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen sehen eine Beteiligung der Personalvertretung im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung nicht vor. Dabei kann dahinstehen, ob der Tarifvertrag Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (im Folgenden TV PV) oder der Tarifvertrag Personalvertretung Nr. 2 für das Bordpersonal vom 3. Februar 2017 (im Folgenden TV PV Nr. 2) Anwendung findet. Ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung beim Eintritt einer auflösenden Bedingung folgt entgegen der Ansicht des Klägers weder aus § 88 TV PV noch aus § 90 Abs. 1 TV PV noch aus den entsprechenden Vorschriften in §§ 99, 102 TV PV Nr. 2. § 90 TV PV und § 102 TV PV Nr. 2, die ebenso wie § 102 BetrVG die Mitbestimmung bei Kündigungen regeln, finden auf die Unterrichtung über den Bedingungseintritt iSv. § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG keine entsprechende Anwendung. Die Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung stellt auch keine personelle Maßnahme iSv. § 88Abs. 1 TV PV und § 99 TV PV Nr. 2 dar.

 

 

Gräfl       Klose       M. Rennpferdt

Schuh       Glock


Papierfundstellen:

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