BAG – 2 AZR 438/95

Betriebsbedingte Kündigung wegen Umstellung der Vertriebsart

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 09.05.1996, 2 AZR 438/95


Leitsatz des Gerichts


Bei einer innerbetrieblichen Umstrukturierungsmaßnahme (hier: Einführung eines neuen Vertriebssystems) muß es im Hinblick auf betriebsbedingte Kündigungen dem Arbeitgeber überlassen bleiben, wie er sein Unternehmensziel möglichst zweckmäßig und kostengünstig am Markt verfolgt. Dazu gehört auch die Umgestaltung der zugrundeliegenden Vertragsform für die Vertriebsmitarbeiter (freies Mitarbeiterverhältnis statt Arbeitsverhältnis). Es ist Sache des Arbeitnehmers, der die Unwirksamkeit der auf einer solchen Maßnahme beruhenden Kündigung geltend macht, Umstände darzulegen, die die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme als offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich erscheinen lassen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung z. B. BAG Urteil vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 357/89 – BAGE 64, 34 = AP Nr 19 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Zu prüfen bleibt dabei allerdings, ob die Strukturmaßnahme tatsächlich durchgeführt worden ist.

Tatbestand


Die Klägerin (geboren am 4. September 1947, geschieden, 2 unterhaltspflichtige Kinder) war seit 4. Juli 1985 als angestellte Gruppenleiterin bei der Beklagten gegen eine durchschnittliche Vergütung von 3.000,– DM monatlich beschäftigt. Die Beklagte bietet gruppendynamische Trainingsprogramme zur kontrollierten Gewichtsabnahme an. Das Trainingsprogramm wurde in der Vergangenheit bundesweit von etwa 400 bei der Beklagten beschäftigten Gruppenleiterinnen in Gruppenveranstaltungen durchgeführt. Dabei hatte die Beklagte das Bundesgebiet verwaltungsmäßig in zwei Regionen mit insgesamt 18 Gebieten unterteilt, wobei für diese Gebiete insgesamt 10 Gebietsleiterinnen eingesetzt waren; deren Aufgabe bestand darin, den Einsatz der Gruppenleiterinnen zu steuern und anfallende Verwaltungsaufgaben zu erledigen. Die Beklagte behandelte jedes Gebiet als selbständigen Betrieb im Sinne des § 4 Satz 1 BetrVG; in 5 der insgesamt 18 Gebiete waren Betriebsräte gewählt worden, so auch im Gebiet 06 (M), in welchem die Klägerin tätig war. Daneben existierte ein Gesamtbetriebsrat.


Die Beklagte hat sich im Mai 1993 entschlossen, das Ernährungs- und Verhaltensprogramm in Zukunft auf der Basis von sog. Partnerverträgen durch selbständig tätig werdende Mitarbeiter (Unternehmer) am Markt anzubieten. Allen angestellten Gruppenleiterinnen wurde daher im Laufe des Jahres 1993 zum nächst zulässigen Termin ordentlich gekündigt. Wegen der Einführung des Partnerkonzepts hat die Beklagte unter dem 11./12. Oktober 1993 mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Der Sozialplan sieht im wesentlichen vor, daß denjenigen gekündigten Gruppenleiterinnen, die nicht als Partnerinnen tätig werden, Abfindungen zu zahlen sind. Die Beklagte hat auch das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin durch Schreiben vom 3. November 1993 zum 30. April 1994 aufgekündigt mit dem gleichzeitigen Angebot, einen Partnervertrag abzuschließen, was die Klägerin ablehnte.


Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei schon deshalb rechtsunwirksam, weil der zuständige Betriebsrat nicht angehört worden sei. Zwar habe die Beklagte den im Gebiet 06 gebildeten Betriebsrat gehört, bei dem Gebiet 06 handele es sich jedoch nicht um einen Betriebsteil im Sinne des § 4 Satz 1 BetrVG, so daß richtigerweise der Betriebsrat beim Hauptbetrieb in D zu beteiligen gewesen sei. Die Kündigung sei außerdem mangels ausreichender Sozialauswahl unwirksam, weil die Beklagte eine Auswahl unter sämtlichen Arbeitnehmern im Bundesgebiet habe treffen müssen; insofern sei die Sozialauswahl im Verhältnis zur Gebietsleiterin K nicht gewahrt, zumal die Gebietsleiterinnen nur marginale Leitungsfunktionen innehätten; eine Gebietsleiterin sei im wesentlichen nur formal tätig und vollziehe nach, was die Gruppenleiterinnen vorschlügen; im übrigen bestehe auch deren Tätigkeit im wesentlichen und überwiegend in der Abhaltung von Gruppensitzungen. Die 54jährige Frau K, verheiratet, sei erst seit 1. Februar 1984 bei der Beklagten tätig und genieße daher den geringeren sozialen Schutz.


Schließlich scheitere die Kündigung auch an § 613 a Abs. 4 KSchG, weil hier nur wegen des Übergangs des bisher bestehenden Arbeitsverhältnisses auf einen Dritten gekündigt worden sei. Selbst wenn man dem nicht folge, liege jedenfalls kein dringendes betriebliches Erfordernis vor, weil die Dienstleistungen nach wie vor in persönlicher Abhängigkeit erbracht würden; auch nach dem Inhalt des Partnervertrages liege in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis vor, wobei die Dienstleistung in persönlicher Abhängigkeit erbracht werde. Nach wie vor sei eine Weisungsgebundenheit bezüglich Einsatzort, Dauer und zeitlicher Lage gegeben.


Zu Unrecht habe die Beklagte für 1991, 1992 und 1993 ihr, der Klägerin, jeweils nur eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines halben Durchschnittsgehaltes, errechnet ohne Verkaufs- und Mitgliederboni, gezahlt, während die Gebietsleiterinnen sowie die Angestellten in der Hauptverwaltung in D ein volles Monatsgehalt erhalten hätten. Wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes stehe ihr jedenfalls der Anspruch auf die weitere Hälfte des Weihnachtsgeldes für 1991 und 1993 zu (der Anspruch für 1992 ist erledigt). Tatsächlich seien nämlich die Tätigkeiten der Gebietsleiterinnen und der Gruppenleiterinnen nicht grundverschieden und auch die Vergütungssysteme seien gleich. Dem Nachteil der Verwaltungsangestellten in D, keine erfolgsbezogenen Boni wie die Gruppenleiterinnen verdienen zu können, stehe der Vorteil gegenüber, daß diese bei durchschnittlichen Monatsgehältern von 4.500,– DM bis 5.000,– DM auf Stundenlöhne von 26,– DM bis 28,85 DM kämen, wogegen Gruppenleiterinnen unstreitig nur 17,40 DM pro Stunde verdienten. Die Gruppenleiterinnen seien demnach gegenüber den Verwaltungsangestellten benachteiligt.


Die Klägerin hat beantragt,

 

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 3. November 1993 nicht beendet werde,
  2. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 2.183,56 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus 1.072,– DM ergebenden Nettobetrag seit 1. Oktober 1993 und 4 % Zinsen aus dem sich aus 2.183,56 DM ergebenden Nettobetrag seit dem 7. Dezember 1993 zu zahlen.


Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die Kündigung sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam, weil der allein von den Gruppenleiterinnen im Gebiet 06 gewählte Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung zu beteiligen gewesen sei; die einzelnen Gebiete seien sowohl gegenüber der Hauptverwaltung als auch untereinander selbständige Betriebe gewesen, was sich für das Gebiet 06 schon aus der räumlichen Entfernung zur Hauptverwaltung in D ergebe und im übrigen daraus folge, daß bis zur Einführung des Partnerkonzeptes eine Eigenständigkeit des Aufgabenbereiches und der Organisation vorhanden gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch die Sozialauswahl gewahrt, weil unstreitig allen Gruppenleiterinnen zeitgleich wegen der Einführung des Partnerkonzeptes gekündigt worden sei. Davon abgesehen liege eine Vergleichbarkeit der Klägerin mit ihrer Fach- und Disziplinarvorgesetzten Frau K nicht vor; während die Tätigkeit der Klägerin nur in der Abhaltung von Gruppensitzungen bestanden habe, sei die Gebietsleiterin K nicht mit der Durchführung von Gruppensitzungen befaßt gewesen; vielmehr habe sie den Einsatz der ihr unterstellten Gruppenleiterinnen organisiert und geleitet; davon abgesehen sei sie von ihren Sozialdaten her gesehen schutzwürdiger als die Klägerin.


Die Kündigung verstoße auch nicht gegen § 613 a Abs. 4 BGB, weil weder ein Betrieb noch ein Betriebsteil übergegangen sei. Vielmehr sei die bisherige betriebliche Organisation aufgegeben worden, womit sämtliche Arbeitsplätze für Gruppenleiterinnen ersatzlos weggefallen seien. Sie, die Beklagte, habe bis zur Einführung des Partnerkonzeptes über viele Jahre hinweg eine eigene Außendienst-/Vertriebsorganisation mit abhängig beschäftigten Gruppenleiterinnen unterhalten; diese Gestaltung habe sich jedoch nicht als sachgerecht erwiesen; die Erfahrungen in den vergangenen sechs Jahren, in denen die Beklagte stets mit Verlust gearbeitet habe, hätten gezeigt, daß das Unternehmen in der bisherigen Form nicht wirtschaftlich geführt werden könne. Deshalb habe sie die freie unternehmerische Entscheidung getroffen, die bisherige Vertriebsorganisation aufzugeben und künftig ausschließlich mit selbständig unternehmerisch tätigen Partnern zusammenzuarbeiten, die ihr Ernährungs- und Verhaltensprogramm an die Kunden/Mitglieder vertrieben. Es handele sich also um eine grundlegende Strukturänderung im Bereich des Vertriebes, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft sichern solle. Die Partner seien sowohl nach dem Inhalt des Vertrages als auch nach der tatsächlichen Durchführung frei, den Umfang, den Ort und die Zeit ihrer Tätigkeit selbst und eigenverantwortlich zu bestimmen; sie seien jederzeit frei, ob und in welchem Umfang sie Gruppenveranstaltungen durchführen wollten; auch Ort und Zeit der Gruppenveranstaltungen könnten sie selbständig bestimmen; sie unterlägen hinsichtlich ihrer Urlaubsgestaltung und sonstiger Ausfallzeiten keinerlei Bindungen und könnten nach eigenem Ermessen Mitarbeiter einstellen; sie würden eigenes Kapital einsetzen, hätten aufgrund der erfolgsbezogenen Vergütung erhebliche unternehmerische Chancen und würden auch das entsprechende Risiko tragen. Mithin sei die Tätigkeit der Partner grundlegend anders gestaltet als die der bislang abhängig beschäftigten Gruppenleiter. Diese Unternehmerentscheidung sei im übrigen weder offenbar unsachlich noch willkürlich.


Auch die Zahlungsklage sei unbegründet, weil sie, die Beklagte, in zutreffender Weise zwischen den 20 Bürokräften in der D Hauptverwaltung und den angestellten Gruppenleiterinnen habe differenzieren können. Davon abgesehen sei der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht betriebsübergreifend anwendbar. Die betreffenden Arbeitnehmer seien auch nicht vergleichbar: Der Schwerpunkt der Arbeiten der Gruppenleiterinnen liege nicht wie bei den D Angestellten im administrativen Bereich, sondern in der Vermittlung des Ernährungs- und Verhaltensprogramms; davon abgesehen bedingten die unterschiedlichen Tätigkeiten auch unterschiedliche Vergütungssysteme. Die Klägerin erhalte ebenso wie die anderen Gruppenleiterinnen das Weihnachtsgeld – im Gegensatz zu den Büroangestellten – ohne Freiwilligkeitsvorbehalt und ohne Rückzahlungsklausel.


Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Zahlungsanspruch zuerkannt, im übrigen aber die Berufung zurückgewiesen. Mit den für beide Parteien zugelassenen Revisionen erstreben die Klägerin eine Entscheidung auch nach ihrem Feststellungsantrag und die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 


Entscheidungsgründe


Die Revision der Klägerin ist nicht begründet, während auf die Revision der Beklagten hin das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen war.


Die ordentliche Kündigung der Klägerin ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt. Der auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützte Anspruch auf eine weitere hälftige Weihnachtsgratifikation für 1991 und 1993 ist nicht begründet.


A.
Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung vom 3. November 1993 scheitere nicht an § 102 Abs. 1 BetrVG, weil unstreitig mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 der im Gebiet 06 bestehende Betriebsrat angehört worden sei. Selbst wenn hinsichtlich dieses Gebietes der Betriebsbegriff verkannt worden sei, so führe dies allenfalls zur Anfechtbarkeit, nicht jedoch zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Im übrigen sei die Kündigung betriebsbedingt, weil die Beklagte die nicht willkürliche Unternehmerentscheidung getroffen habe, das Partnerkonzept einzuführen, d. h. die Dienstleistungen, die bisher am Markt durch eigene Arbeitnehmer angeboten wurden, künftig durch selbständig unternehmerisch tätige Personen anzubieten. Mit der Umsetzung des Partnerkonzepts sei das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der Gruppenleiterinnen entfallen. Die Grundsätze der Sozialauswahl seien gewahrt, weil sämtlichen vergleichbaren Arbeitnehmern gekündigt worden sei. Letztlich sei die Kündigung auch nicht gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, weil weder ein Betriebsübergang vorliege, noch von einem Übergang von Arbeitsverhältnissen die Rede sein könne.
Dagegen sei der Gratifikationsanspruch für die Jahre 1991 und 1993 wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gerechtfertigt. Die Differenzierung zwischen Büroangestellten in der Hauptverwaltung, die ein volles Grundgehalt als Weihnachtsgeld erhalten hätten, und den Gruppenleiterinnen sei sachlich nicht gerechtfertigt.


B.
Dem folgt der Senat, soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung für gerechtfertigt angesehen hat; die diesbezüglichen Revisionsrügen der Klägerin greifen nicht durch (nachfolgend: zu I). Dagegen hat das Berufungsgericht den Gratifikationsanspruch zu Unrecht auf eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gestützt. Dies hat der dafür zuständige Zehnte Senat durch Urteil vom 27. März 1996 (- 10 AZR 799/95 -, n.v.) im Parallelprozeß einer Gruppenleiterin gegen die Beklagte mit der Begründung entschieden, es liege ein die differenzierende Behandlung sachlich rechtfertigender Grund vor; dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an (nachfolgend: zu II).


I.
Die Kündigung scheitert weder an § 102 Abs. 1 BetrVG, noch an § 613 a Abs. 4 BGB noch ist sie sozial ungerechtfertigt nach § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 KSchG.


1. Was die angeblich fehlerhafte Betriebsratsanhörung angeht, kann in Übereinstimmung mit dem Landesarbeitsgericht dahingestellt bleiben, ob die Aktivitäten im Gebiet 06 einen Betriebsteil im Sinne von § 4 Satz 1 BetrVG ausmachten, sowie ob insoweit eine eigene Betriebsstätte, eine eigenständige Organisation und ein eigenständiger Aufgabenbereich vorhanden waren, so daß mangels Vorliegens derartiger Umstände bei der Wahl des Betriebsrats im Gebiet 06 der Betriebsbegriff verkannt worden wäre; dies ist unerheblich, weil die Betriebsratswahl deswegen jedenfalls nicht gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten worden ist.


a) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. dazu etwa BAG Beschlüsse vom 29. Mai 1991 – 7 ABR 54/90 – BAGE 68, 67 = AP Nr. 5 zu § 4 BetrVG 1972; vom 7. Dezember 1988 – 7 ABR 10/88 – BAGE 60, 276 = AP Nr. 15 zu § 19 BetrVG 1972; vom 11. April 1978 – 6 ABR 22/77 – AP Nr. 8, aaO und vom 28. November 1977 – 1 ABR 36/76 – BAGE 29, 392 = AP Nr. 6, aaO), daß eine Verkennung des Betriebsbegriffs nicht zu einer jederzeit zu beachtenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl, sondern nur zu ihrer fristgebundenen Anfechtbarkeit führt. Das Bundesarbeitsgericht hat dabei zur Begründung ausgeführt (u. a. Beschluß vom 13. September 1984 – 6 ABR 43/83 – BAGE 46, 363 = AP Nr. 3 zu § 1 BetrVG 1972), das Betriebsverfassungsgesetz 1972 enthalte keine Definition des Betriebsbegriffs, sondern setze den in der Rechtsprechung und Rechtslehre ausgebildeten allgemeinen Betriebsbegriff voraus. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die betriebliche Organisation seien eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, die eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung erforderten; berge aber die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung von Arbeitnehmern zu einem Betrieb schwierige Tat- und Rechtsfragen in sich und habe der Gesetzgeber deshalb dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat, dem Wahlvorstand und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften nach § 18 Abs. 2 BetrVG einen besonderen Weg zur gerichtlichen Klärung von derartigen Zweifelsfragen eröffnet, der ihnen jederzeit – also auch außerhalb des Wahlanfechtungsverfahrens – offen stehe, so könne nicht von der Nichtigkeit der Betriebsratswahl allein wegen Verkennung des Betriebsbegriffs nach §§ 1, 4 BetrVG ausgegangen werden.


So liegen die Dinge auch hier, wenn bei der Betriebsratswahl im Gebiet 06 verkannt worden sein sollte, daß tatsächlich nicht einmal eine Teilorganisation und damit kein Betriebsteil im Sinne des § 4 BetrVG vorhanden war, sondern nur eine angeblich willkürlich abgegrenzte Gebietseinheit. Vom Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG, wobei es maßgebend auf die vom Arbeitgeber hergestellte organisatorische Einheit zur Erreichung arbeitstechnischer Zwecke ankommt (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 40, 163, 165 f.= AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe; zuletzt Beschluß vom 27. Juni 1995 – 1 ABR 62/94 – AP Nr. 7, aaO) sind Betriebsteile zu unterscheiden, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch unselbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Betriebsteile zeichnen sich dadurch aus, daß sie über einen eigenen Arbeitnehmerstamm, eigene technische Hilfsmittel und eine durch die räumliche und funktionale Abgrenzung vom übrigen Betrieb bedingte relative Selbständigkeit verfügen. Andererseits fehlt ihnen aber ein Leitungsapparat, um insbesondere in personellen oder sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen zu können (vgl. u. a. BAGE 41, 403, 406 = AP Nr. 4 zu § 4 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe, m.w.N.; zuletzt Senatsurteil vom 21. Juni 1995 – 2 AZR 693/94 – n. v., zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).


Hier ist dem eigenen Vortrag der Klägerin in der Berufungsinstanz zu entnehmen, daß jedenfalls früher die Beklagte in M ein Büro mit kaufmännischen Angestellten unterhalten hat, von dem aus u. a. eine Krankheits- und Urlaubsvertretungsorganisation aus betrieben wurde; später sei dieses Büro in M geschlossen worden; auf Initiative des Gesamtbetriebsrats sei dann veranlaßt worden, daß im Falle von Krankheitsvertretungen diese durch Gebietsleiterinnen organisiert werden sollten. Nimmt man die weitere im unstreitigen Tatbestand des Landesarbeitsgerichts getroffene Feststellung (§ 561 ZPO) hinzu, daß die Aufgabe der Gebietsleiterinnen darin bestanden hat, den Einsatz der Gruppenleiterinnen zu steuern und anfallende Verwaltungsaufgaben zu erledigen, so ist daraus jedenfalls insgesamt zu entnehmen, daß eine wie auch immer geartete Teilorganisation in M für das von der Beklagten gebildete Gebiet 06 vorhanden war. Wäre darin tatsächlich kein Betriebsteil im Sinne des § 4 Satz 1 BetrVG zu sehen, so läge allenfalls die Verkennung einer schwierigen Tat- und Rechtsfrage vor, die nach der erwähnten Rechtsprechung jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die Revision erschöpft sich demgegenüber in der Argumentation, wegen der willkürlichen Grenzziehung des Gebiets liege ein Betriebsteil im Sinne des § 4 Satz 1 2. Halbsatz 1. Alternative BetrVG nicht vor und eine eigenständige Organisation habe nicht bestanden. Die erwähnten Feststellungen des Landesarbeitsgerichts werden damit ebensowenig in Zweifel gezogen, wie die Klägerin von ihrem ursprünglichen Sachvortrag abrückt.

b) Selbst wenn man der Argumentation der Revision folgt, führt das noch nicht zu der Annahme, daß mangels Beteiligung des Betriebsrats bei der Hauptverwaltung D die Kündigung der Klägerin gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam wäre. Von einer Zuordnung der Klägerin als Gruppenleiterin des Gebietes 06 (München) zu dem in D bestehenden Betrieb der Beklagten kann nicht ausgegangen werden. So hat die Klägerin selbst noch in ihrer Klageerweiterung vom 1. Dezember 1993 vortragen lassen, sie arbeite von ihrer Wohnung aus; es gebe keine gemeinsamen Betriebseinrichtungen, sondern es handele sich vielmehr bei allen Gruppenleiterinnen um Außendienstmitarbeiterinnen, die an den Innenbeziehungen des Betriebes in der Verwaltung in Düsseldorf nicht teilnähmen und deshalb nicht betriebszugehörig seien. Die Klägerin nahm also ursprünglich selbst für sich nicht in Anspruch, durch den Betriebsrat in Düsseldorf repräsentiert zu sein, den sie folgerichtig auch nicht mitgewählt hat. Insofern würde es sowohl an einer demokratischen Legitimation wie überhaupt an einer Betriebsgemeinschaft fehlen.

2. Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zu folgen, daß die Kündigung der Klägerin vom 3. November 1993 nicht gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt ist, da bei Ausspruch der Kündigung dringende betriebliche Gründe vorlagen, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin als Arbeitnehmerin bei der Beklagten entgegenstanden.

a) Das Landesarbeitsgericht ist dabei von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach die betrieblichen Erfordernisse für eine Kündigung sich aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen, z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel) ergeben können, wobei die betrieblichen Erfordernisse dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen müssen; diese weitere Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Kündigung die notwendige Folge der betrieblichen Erfordernisse ist (BAG Urteil vom 30. April 1987 – 2 AZR 184/86 – BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 betriebsbedingte Kündigung). Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber im Unternehmensbereich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt (BAGE 28, 131, 133 = AP Nr. 2, aaO, zu II 2 der Gründe; BAGE 31, 157, 161 = AP Nr. 6, aaO, zu II 1 a der Gründe). Vom Gericht voll nachzuprüfen ist, ob eine solche unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die Unternehmerentscheidung selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157, 162 = AP Nr. 6, aaO, zu II 1 b der Gründe; BAGE 55, 262, 270 f. = AP Nr. 42, aaO, zu III 2 b der Gründe und Senatsurteil vom 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61 = AP Nr. 50, aaO).


b) Das Berufungsgericht hat hier festgestellt, daß im Rahmen der Personalmaßnahme der Beklagten sämtliche Arbeitsplätze der Gruppenleiterinnen weggefallen sind. Die diesbezüglichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind von der Revision nicht mit erheblichen Rügen (§ 554 Abs. 3 Nr. 3 ZPO) angegriffen worden. Danach hat die Beklagte in der ersten Maihälfte 1993 die Entscheidung getroffen, das sog. „Partnerkonzept“ einzuführen, d. h. die Dienstleistungen, die bisher von der Beklagten am Markt durch eigene Arbeitnehmer (Gruppenleiterinnen) angeboten wurden, künftig nur noch durch selbständig unternehmerisch tätige Personen anzubieten, die auf der Grundlage eines sog. „W Partnervertrages“ für die Beklagte tätig werden. Das Landesarbeitsgericht hat dies damit plausibel begründet, auch aus dem am 11./12. Oktober 1993 abgeschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan ergebe sich, daß diese Entscheidung getroffen und umgesetzt worden sei.

c) Diese Annahme, nämlich Wegfall des Bedürfnisses für die Weiterbeschäftigung der Klägerin als Arbeitnehmerin, ist auch nicht deshalb unbegründet und unzutreffend, weil die Partnerverträge in Wirklichkeit nur verschleierte Arbeitsverhältnisse verdeckten und das vorgegebene Konzept tatsächlich aus Rechtsgründen gar nicht durchgeführt sei, wie die Klägerin im wesentlichen mit ihrer Revision geltend macht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob schon das Merkmal des betrieblichen Erfordernisses oder erst das Merkmal der Dringlichkeit (ultima-ratio-Grundsatz) entfiele, wenn tatsächlich nur anders gestaltete Arbeitsverhältnisse vorlägen, so daß die Beklagte der Klägerin allenfalls eine Änderungskündigung mit dem Angebot geänderter Arbeitsbedingungen hätte aussprechen dürfen, das die Klägerin gegebenenfalls unter Vorbehalt hätte annehmen können (§ 2 KSchG). Denn die nach dem Partnervertrag vorgesehene Umgestaltung der Rechtsbeziehungen leitete die Arbeitsverhältnisse in freie Mitarbeiterverhältnisse über (nachfolgend zu aa) und diese Maßnahme ist nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich (nachfolgend zu bb).

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Partnervertrag im Ergebnis zutreffend dahin ausgelegt, es handele sich nicht um einen vorgeschobenen Arbeitsvertrag, sondern die Klägerin habe nach diesem Vertrag als sog. freie Mitarbeiterin tätig werden sollen.
Da es sich bei diesem Vertragsentwurf um ein Vertragsmuster ohne individuellen Charakter handelt, unterliegt die Nachprüfung keiner revisionsrechtlichen Einschränkung, sondern der Senat hat selbst eine vollständige Überprüfung vorzunehmen (vgl. u. a. BAG Urteil vom 31. Oktober 1958 – 1 AZR 632/57 – BAGE 6, 321, 344 f. = AP Nr. 2 zu § 1 TVG Friedenspflicht, zu II 4 der Gründe; Urteil vom 16. Mai 1964 – 5 AZR 534/63 – AP Nr. 1 zu § 157 BGB, zu 4 der Gründe; Urteil vom 14. September 1972 – 5 AZR 212/72 – AP Nr. 34 zu § 133 BGB mit zust. Anm. von Schumann).

(1) Das Landesarbeitsgericht ist bei seiner Auslegung von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Abgrenzung eines Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters ausgegangen. Beide unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet, wobei eine wirtschaftliche Abhängigkeit weder erforderlich noch ausreichend ist. Dabei ist Arbeitnehmer derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt; insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal: Nach dieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestaltet und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt diese Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten; über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält diese Bestimmung jedoch eine allgemeine gesetzliche Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrags vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal sie die einzige Norm ist, die Kriterien dafür enthält (ständige Rechtsprechung des BAG, u. a. Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 – AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B I 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere daran, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind demnach in erster Linie die Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, und nicht die Modalitäten der Bezahlung oder die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung oder etwa die Führung von Personalakten. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (BAGE 30, 163, 169 = AP Nr. 26, aaO zu B II 2 der Gründe); abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich dabei nicht aufstellen, denn manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses (freien Mitarbeiterverhältnisses) erbracht werden (BAG Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59, aaO und Senatsurteil vom 10. Mai 1990 – 2 AZR 607/89 – AP Nr. 51, aaO, zu II 4 der Gründe). Dabei kann hier mangels tatsächlicher Ausgestaltung und Durchführung des Vertrages nur auf den ausdrücklich erklärten Parteiwillen abgestellt werden (vgl. BAGE 19, 324 = AP Nr. 6 aaO, BAG Urteil vom 13. Januar 1983 – 5 AZR 149/82 – BAGE 41, 247, 251 f. = AP Nr. 42, aaO, zu B I 2 a der Gründe). Erst wenn sich Vertragsgestaltung und praktische Durchführung widersprechen, ist letztere maßgebend (BAG Urteil vom 13. Januar 1983, aaO). Dazu haben die Parteien bisher, obwohl das Partnerkonzept allgemein schon mehrere Jahre praktiziert wird, nichts Abweichendes vorgetragen.

(2) Es kann zunächst einmal nicht von vornherein gesagt werden, die vertraglich vorgesehene Art der Tätigkeit spreche schon für sich für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, wie es das Bundesarbeitsgericht für maßgeblich angesehen hat, etwa für Orchestermusiker (Urteil vom 14. Februar 1974 – 5 AZR 298/73 – und vom 3. Oktober 1975 – 5 AZR 427/74 – AP Nr. 12 und 16, aaO), für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und in schulischen Lehrgängen (Urteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61, aaO) oder für studentische Hilfspfleger im Krankenhaus (Urteil vom 13. Februar 1985 – 7 AZR 345/82 – n.v.). Denn nach dem Vertragsgegenstand soll die Klägerin als Partnerin Mitglieder werben und betreuen, Gruppensitzungen abhalten und W spezifische Produkte verkaufen. Diese Tätigkeit, die außerhalb einer typischen, räumlich festen Organisation wie in den angegebenen Beispielsfällen erfolgt, erfordert nicht von vornherein eine Einbindung in eine konkrete, mit anderen Personen abzustimmende Organisation und läßt sich in der auch räumlich weitläufigen Art sowohl – wie bisher – im Arbeitsverhältnis, als auch in freier Mitarbeit praktizieren. Im Gegenteil: Die Nichteinbindung in eine eng umgrenzte räumliche Organisation, wie sie die Klägerin selbst für ihre bisherige, nach eigenem Vortrag von zuhause aus ohne Innenbeziehungen zum D Betrieb getätigte Arbeit für sich reklamiert hat, könnte eher für ein freies Mitarbeiterverhältnis sprechen. So hat auch das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 27. März 1991 – 5 AZR 194/90 – AP Nr. 53, aaO) für einen mit den Vorarbeiten für die Herausgabe einer Buchreihe beauftragten Mitarbeiter eines Verlages, der den wesentlichen Teil seiner Aufgaben in selbstbestimmter Arbeitszeit und an selbstgewähltem Arbeitsort erbrachte, die für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Abhängigkeit verneint, wenn er nur gelegentlich wegen notwendiger Zusammenarbeit auf die Arbeitszeit der Verlagsangestellten Rücksicht zu nehmen hatte.


Was den Vertrag selbst angeht, gilt folgendes: Der W Partner ist nach § 2.1 des Vertrages sowohl hinsichtlich der Gestaltung seiner Tätigkeit einschließlich der Wahl der Gruppenräume im Rahmen des Vertrages frei und bestimmt die Dauer und zeitliche Lage seiner Tätigkeit selbst; bei der Durchführung der Gruppensitzungen und Betreuung der Mitglieder (§ 2.4) hat er zwar die spezifischen W Methoden nach den hierfür entwickelten Konzepten und Themenzyklen anzuwenden; in diesem Rahmen gestaltet er den Ablauf der Gruppensitzungen jedoch selbständig und in eigener Verantwortung; der Partner hat die vertraglichen Leistungen zwar persönlich zu erbringen, ist jedoch nach seinem eigenen Ermessen berechtigt, eigenes Personal, insbesondere Gruppenleiter, Helfer an Empfang und Waage sowie Bürohilfskräfte anzustellen. Diese Umstände sind – jedenfalls in ihrer Mehrzahl – für ein Arbeitsverhältnis untypisch. Das gilt zunächst für den Leistungsort, der von der Beklagten nicht vorgeschrieben wird; wie die Parteien in den Tatsacheninstanzen vorgetragen haben, führen die Gruppenleiterinnen schon bisher ihre Arbeit zum großen Teil zu Hause aus. Was die Gruppenräume angeht, soll die Anmietung im Gegensatz zur früheren Handhabung jetzt durch den Partner selbst und auf dessen Kosten (§ 4.1 des Vertrages) erfolgen. Nach dieser Bestimmung sind Miet- und Nebenkosten für Gruppen- und Büroräume, Anstellung von Personal, benötigte Geräte und Materialien, PKW-Kosten, Versicherungen und sonstige gesetzliche Abgaben (z. B. Einkommens- und Mehrwertsteuer) durch den Partner zu entrichten. Auch diese Regelung ist für ein Arbeitsverhältnis ausgesprochen untypisch. In den oben erwähnten Fällen (Orchestermusiker, Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen, studentische Hilfspfleger im Krankenhaus sowie bei Rundfunkmitarbeitern – Sprecher, Aufnahmeleiter und Übersetzer) gingen derartige Vorhaltekosten in der Regel zu Lasten des beklagten Dienstgebers („Arbeitgebers“). Die Revision stellt demgegenüber darauf ab, das Weisungsrecht hinsichtlich des Ortes der Erbringung der Dienstleistung sei von untergeordneter Bedeutung, wobei sie darauf hinweist, die Freiheit, die Miete für die Gruppenräume nunmehr selbst bezahlen zu müssen, stelle keine unternehmerische Freiheit dar, sondern überbürde lediglich das finanzielle Risiko auf die Gruppenleiterin. Damit wird indessen nicht in Zweifel gezogen, daß es zumindest nunmehr nach dem Partnervertrag allein Sache des Partners ist, an welchem Ort er neben seiner zu Hause durchzuführenden Verwaltungsarbeit Gruppenstunden durchführt und zu welcher Zeit dies geschieht. Soweit die Revision darauf abhebt, hinsichtlich Zeit und Ort sei der Gruppenleiter auch an die Vorstellungen der Kunden gebunden, ist dies zwar richtig, besagt aber nichts dazu, daß jedenfalls die Beklagte als angebliche Arbeitgeberin insoweit keine Vorgaben (mehr) macht. Die Revision verkennt insoweit auch nicht, daß zumindest im Arbeitsverhältnis die rechtliche Möglichkeit bestand, die zeitliche Lage der Gruppentätigkeit per Weisung anzuordnen; soweit sie im Anschluß daran schlußfolgert, dies ändere an der Ungeeignetheit dieses Kriteriums zur Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit nichts, weil auch früher die Gruppensitzungen naturgemäß nur in der Freizeit der Teilnehmer und vorwiegend am späten Nachmittag und abends stattfinden konnten, ist ausschlaggebend, daß der Partner auf diese Wünsche jedenfalls nicht eingehen muß und dazu nicht wie im Arbeitsverhältnis von der Auftraggeberin angehalten werden kann, sondern letztlich wie auch im Werkvertrag sich an bestimmten Vorgaben des Auftraggebers im eigenen Interesse auszurichten hat. Jedenfalls bleibt dem Partner die Freiheit, die Gruppenstunden so zu legen, z. B. auf bestimmte Wochentage und Nachmittagsstunden, daß sich dies mit familiären oder anderweitigen beruflichen Interessen am besten verbinden läßt, was in einem Arbeitsverhältnis wiederum untypisch ist. Die Tatsache, daß nach dem Partnerkonzept dem Partner die Kosten für die Ausübung der Tätigkeit weitgehend überbürdet werden, mag zwar aus der Sicht der Klägerin gesehen mißlich sein, spricht jedoch für sich genommen eher dafür, daß der Partner freier Unternehmer ist, weil er insoweit auf den Umfang der Kosten schon zur Erhaltung eines möglichst großen eigenen Gewinnes selbst und individuell Einfluß nehmen kann.


Was gegenüber dem bisherigen Arbeitsverhältnis nunmehr fehlt, ist die Gestellung einer Krankheitsvertretung (einschließlich Entgeltfortzahlung) sowie die Gewährung von Urlaub; die Revision macht insofern nur geltend, auch in Bezug auf die Lage des Urlaubs mache der Partnervertrag keinen wesentlichen Unterschied, weil auch im Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer die Freiheit habe, initiativ zu werden, zumal Arbeitnehmer im Außendienst regelmäßig ohnehin weitergehende Freiheiten hätten. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang weiter behauptet, die Partnerin müsse wie ein Arbeitnehmer Urlaub anmelden, wird dies anhand des Vertrages nicht belegt; aus der Tatsache, daß vom Gruppenmitglied versäumte Gruppenstunden bei dessen Urlaub oder Krankheit zu bezahlen sind, läßt sich nicht darauf schließen, die Gruppenleiterin müsse den Urlaub mit der Beklagten als Auftraggeberin abstimmen. Auch hinsichtlich der Dauer des Urlaubs ist der Partner im Vergleich zum Arbeitnehmer frei. Soweit die Revision ferner darauf hinweist, die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit sei durch die erforderliche Vor- und Nachbereitung der Gruppen festgelegt, falls die Anzahl der Gruppen pro Woche feststehe, geht sie nicht näher darauf ein, daß es nach dem Partnerkonzept allein Sache des Partners ist, in welchem Umfang er/sie Gruppen annehmen will und welche Vor- und Nachbereitungszeit dafür angesetzt wird. Mag die Beklagte früher für eine Gruppensitzung inklusive Vor- und Nachbereitung 5 Stunden kalkuliert haben, so ergibt sich aus dem Partnervertrag und dem beigefügten Handbuch nicht, daß die Beklagte in weisungsabhängiger Form an einer derartigen Gestaltung festhält. Ersichtlich diente diese Kalkulation der Festlegung und Feststellung eines durchschnittlichen (full-time) Wochen- bzw. Monatspensums, während nunmehr der Partner es selbst in der Hand hat, ob er nur ein anteilmäßiges oder ein volles Pensum oder mehr ableisten will.


Soweit die Revision schließlich darauf hinweist, der Mitarbeiter habe nach dem Partnervertrag keine Freiheiten hinsichtlich der Gruppenveranstaltungen nach Art und Inhalt des zu vermittelnden Stoffes, ist dies unerheblich. Auch im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen können von einem Dienstberechtigten oder dem Besteller bestimmte Angaben für die Art und Weise der zu erbringenden Arbeit bzw. des zu fertigenden Werks gemacht werden. Dies wird auch daran deutlich, worauf bereits das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, daß auch der Produktions- oder Handelsbetrieb seine Produkte nach freier Wahl durch Angestellte im Außendienst oder auch durch freie Handelsvertreter vertreten lassen kann, wobei letztere ebenfalls an die Produktvorgaben gebunden sind. Davon abgesehen dürfte aufgrund der individuellen Art der Vermittlung des Gruppenstoffes auch noch ein erhebliches Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und Selbständigkeit möglich sein, worauf die Beklagte mit dem Partnerkonzept ersichtlich dadurch hinwirken will, daß sie den Partner im Interesse einer selbständigen Gestaltung seiner Arbeit als freien Unternehmer behandelt, was schließlich auch in der Vergütungsregelung in Gestalt der Umsatzbeteiligung zum Ausdruck kommt. Die in § 5.1 geregelte Umsatzbeteiligung von 35 % für sämtliche Dienstleistungen (Markenverkauf) sowie 15 % für Produktverkäufe, die den Partner am Erlös seiner Aktivitäten partizipieren läßt, spricht ebenfalls nicht für ein Arbeitsverhältnis. Allerdings ist damit das von der Revision reklamierte Unternehmerrisiko im Verhältnis zur Unternehmerchance angesprochen: Es müsse – so die Revision – ein berufsbezogener unternehmerischer Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die eigene unternehmerische Organisation intern und auch auf das Verhalten am Markt extern bestehen. Im Gegensatz zur Würdigung der Revision besteht nach den obigen Ausführungen sowohl innerhalb der internen Organisation ein unternehmerischer Entscheidungsspielraum für den Partner wie auch extern im Hinblick auf das Verhalten am Markt. Letzteres wird z. B. dadurch belegt, daß nach § 3. 3 des Vertrages der Partner zur eigenen Werbung durch Anzeigen, Plakate oder Handzettel im örtlichen Umkreis von bis zu 50 Kilometern vom Mittelpunkt des Vertragsgebietes aus berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, während die sonstige Werbung (lokal, regional und national) Angelegenheit der Beklagten ist. Der Partner kann dabei innerhalb seines von ihm zu betreuenden Gebietes nicht nur selbst unternehmerisches Engagement entwickeln, sondern auch extern durch gezielte Werbung sich unternehmerisch betätigen.
Bei einer Gesamtwürdigung aller dieser Gesichtspunkte läßt sich das für ein Arbeitsverhältnis unabdingbar erforderliche Moment nicht feststellen, daß der Vertragspartner sachlich und zeitlich eine fremdgeplante, fremdnützige und von fremder Risikobereitschaft getragene Arbeit nach Weisung des Dienstberechtigten erbringt. Insofern gilt vielmehr für die vorliegende Vertragskonstellation ähnliches, wie es das Bundesarbeitsgericht auch im Falle von Franchiseunternehmern festgestellt hat, nämlich daß diese regelmäßig im eigenen Namen und für eigene Rechnung selbständig (und nicht in abhängiger Arbeit) ein Geschäft betreiben (vgl. BAG Urteil vom 30. Mai 1978 – 2 AZR 598/76 – AP Nr. 9 zu § 60 HGB, zu II 3 b der Gründe und vom 21. Februar 1990 – 5 AZR 162/89 – AP Nr. 57 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 2 a der Gründe). Eine umfassende Einflußnahme auf Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Dienstleistung – wie von der Rechtsprechung für ein Arbeitsverhältnis gefordert – ist jedenfalls nach dem Partnervertrag nicht vorgesehen.


bb) Damit ist noch nicht die Frage beantwortet, ob die Umstellung auf das Partnerkonzept, die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit der Klägerin geführt hat, als freie Unternehmerentscheidung offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist. Das hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend verneint. Die Revision macht – wenn auch unter dem Gesichtspunkt des ultima-ratio-Grundsatzes – geltend, angesichts der bisher nicht ungünstigen Kostenstruktur – die Beklagte selbst gehe von 32 Mio. DM Erlösen gegenüber 16 Mio. DM Kosten aus – sei die Einführung des Partnerkonzeptes unvertretbar und führe zur Umgehung der Schutzfunktion des Arbeitsrechts. Das Landesarbeitsgericht hat diesen Gesichtspunkt im Hinblick auf die Frage, ob der angebotene Partnerschaftsvertrag lediglich ein verschleierter Arbeitsvertrag wäre, geprüft, was unter diesem Gesichtspunkt nach Auffassung des Senats nicht einschlägig ist (siehe dazu oben). Jedenfalls hat die Klägerin nicht dargetan, angesichts der bisher (angeblich) günstigen Kostenstruktur sei die Einführung des Partnerkonzeptes offensichtlich unsachlich.
Da für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte Unternehmerentscheidung die Vermutung spricht, daß sie aus sachlichen Gründen erfolgt (vgl. BAG Urteil vom 30. April 1987 – 2 AZR 184/86 – BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung und vom 24. Oktober 1979 – 2 AZR 940/77 – BAGE 32, 150 = AP Nr. 8, aaO), Rechtsmißbrauch also die Ausnahme ist, hat im Kündigungsschutzprozeß der Arbeitnehmer die Umstände darzulegen und im Streitfall zu beweisen, aus denen sich ergeben soll, daß die getroffene innerbetriebliche Strukturmaßnahme offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG Urteile vom 24. Oktober 1979, aaO; vom 17. Oktober 1980 – 7 AZR 675/78 – AP Nr. 10, aaO sowie vom 18. Januar 1990 – 2 AZR 357/89 – BAGE 64, 34, 41 = AP Nr. 19 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl, zu II 2 b der Gründe). Diese Auffassung wird in der einschlägigen Literatur einhellig gebilligt (vgl. Ascheid, Beweislastfragen im Kündigungsschutzprozeß, S. 151, 209 f.; KR-Etzel, 4. Aufl., § 1 KSchG Rz 521; Herschel/Löwisch, KSchG, 6. Aufl., § 1 Rz 252; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 11. Aufl., § 1 Rz 549; MünchKomm/Schwerdtner, 2. Aufl., vor § 620 BGB Rz 564; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz 647). Das allgemeine Bestreiten der von der Beklagten angeführten Kostengesichtspunkte durch die Klägerin reicht daher nicht aus. Das kann vorliegend schon deshalb nicht gelten, weil es jedenfalls bei einer Umstellung der Produktion, der Einführung eines neuen Vertriebssystems bzw. Rationalisierungsmaßnahmen dem Arbeitgeber überlassen bleiben muß, sein Unternehmensziel möglichst kostengünstig am Markt zu verfolgen.


Hierzu heißt es bereits im Informationsschreiben vom 14. Mai 1993 an die Klägerin, die wichtigste gemeinsame Aufgabe bestehe in der Wiederherstellung einer dauerhaften wirtschaftlich soliden Grundlage für das Unternehmen. Im Interessenausgleich vom 11. Oktober 1993 wird dazu gesagt, Geschäftsleitung und Betriebsrat hätten eingehend die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens sowie die Einführung des Partnerkonzeptes in den angesprochenen Gebieten beraten; sie hätten nach eingehender Beratung übereinstimmend festgestellt, daß die wirtschaftlich notwendigen Strukturveränderungen erreicht werden müßten; deshalb werde die Geschäftsleitung alle Arbeitsverhältnisse aufkündigen und gleichzeitig den Abschluß eines Partnervertrages anbieten. Schon aufgrund dieser Feststellungen, zu denen sich die Revision nicht – auch nicht im Hinblick auf die entsprechenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts – geäußert hat, kann von einer offensichtlich unsachlichen Unternehmerentscheidung nicht die Rede sein. Davon abgesehen hatte die Beklagte in der Berufungsinstanz vorgetragen, die Erfahrungen der vergangenen sechs Jahre, in denen sie stets mit Verlust gearbeitet habe, hätten gezeigt, daß das Unternehmen in der bisherigen Form (Angebot von Gruppenveranstaltungen, die durch eigenes Personal betreut werden) nicht wirtschaftlich zu führen sei; eine der Hauptursachen für die dauerhafte Verlustsituation sei darin zu sehen, daß es dem Unternehmen in seiner bisherigen Struktur nicht gelungen sei, mit seinem Gruppenangebot flexibel und zeitnah auf die starken Schwankungen unterworfene lokale Nachfragesituation zu reagieren; die Folge sei ein strukturelles Mißverhältnis zwischen den Erlösen aus den Gruppensitzungen und den Kosten für die Beschäftigung der Gruppenleiter, der Helfer sowie die Anmietung von Gruppenräumen. Erlösen aus den Gruppen von ca. 32,5 Mio. DM stünden allein für Gruppenleitervergütungen etc. 16 Mio. DM an Kosten gegenüber.
Die Klägerin hatte ihrerseits dazu geltend gemacht, die Beklagte habe einen Verlust nicht substantiiert dargetan, sie habe auch keinen Verlust im operativen Geschäft entwickelt (Beweis: Sachverständigengutachten); Verluste rührten vielmehr aus einem Gewinnabführungsvertrag mit der Muttergesellschaft her, an die 10 % des Umsatzes abzuführen gewesen seien. Ein etwaiger Bilanzverlust habe auch nichts mit dem etwaigen Verlust aus dem operativen Geschäft zu tun. Diesem wechselseitigen Vortrag kann jedenfalls soviel entnommen werden, daß die Beklagte zumindest auch im Hinblick auf den Gewinnabführungsvertrag gehalten war, kostengünstiger zu arbeiten. Auch diese Notwendigkeit hindert die Annahme, die Einführung des unstreitig für die Beklagte kostengünstigeren Partnerkonzeptes sei offensichtlich unsachlich oder willkürlich.


Dazu hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Unternehmerentscheidung sei inhaltlich nicht von den Arbeitsgerichten zu überprüfen (vgl. u. a. BAGE 32, 150 = AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAGE 42, 151, 157 = AP Nr. 12, aaO, zu B II 1 der Gründe; BAG Urteil vom 7. Februar 1985 – 2 AZR 91/84 – AP Nr. 9 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl und BAGE 55, 262, 270 ff. = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu III 2 und IV der Gründe; BAG Beschluß vom 21. Juni 1995 – 2 ABR 28/94 – AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen); dies sei gerade nicht in die Kompetenz der Arbeitsgerichte gegeben, weil nach der gegenwärtigen Wirtschafts- und Sozialordnung der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko für die zweckmäßige Einrichtung und Gestaltung des Betriebes trage und die Richter überfordert wären, wenn sie dem Arbeitgeber eine „bessere“ betriebliche Organisation oder eine andere Art der Kostenersparnis vorschreiben wollten. Die Vorstellungen, die die Revision hierzu anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entwickelt hat, sind daher gegebenenfalls an die Adresse des Gesetzgebers zu richten. Da der Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer offensichtlich unsachlichen Unternehmerentscheidung obliegt (siehe oben), wozu der Nachweis eines nicht bestehenden Verlusts allein im operativen Bereich keinesfalls ausreicht (vgl. zu derartigen Kostengesichtspunkten Preis, NZA 1995, 241, 249 und Stahlhacke, DB 1994, 1361, 1365), braucht nicht mehr darauf eingegangen zu werden, ob und in welcher Höhe die Beklagte ihrerseits Verluste im einzelnen nachgewiesen hat, so daß es auf die entsprechende Verfahrensrüge der Klägerin – so sie denn überhaupt den Anforderungen nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO genügt – nicht ankommt, mit der die Revision geltend machen will, die Beklagte habe Verluste im operativen Geschäft nicht gehabt und ein etwaiger Bilanzverlust sei (nur) auf den Gewinnabführungsvertrag mit der US-Muttergesellschaft zurückzuführen. Auch oder gerade wenn dies so war, handelte die Beklagte nicht offensichtlich unsachlich, indem sie ihr Vertriebskonzept umstellte.


3. Offensichtlich wird mit der Revision nicht mehr daran festgehalten, die Kündigung sei auch deshalb sozialwidrig, weil die Beklagte soziale Auswahlgesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt habe, § 1 Abs. 3 KSchG. Mit den diesbezüglichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts setzt sich die Revision nicht auseinander. Die Klägerin hatte insoweit gerügt, die Beklagte habe der Gebietsleiterin K und nicht ihr kündigen müssen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt zunächst für die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, Frau K sei als Gebietsleiterin mit der Klägerin nicht vergleichbar und davon abgesehen sei sie als 54jährige und schon seit 1. Februar 1984 bei der Beklagten Beschäftigte schutzwürdiger als die Klägerin. Die Klägerin war demgegenüber zur Zeit der Kündigung erst 46 Jahre alt und verfügte über eine ein Jahr kürzere Betriebszugehörigkeit, war allerdings zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Angesichts dieser ähnlich gelagerten Sozialdaten ist die von der Beklagten getroffene Auswahl – die Vergleichbarkeit unterstellt – jedenfalls noch ausreichend.


4. Die der Klägerin ausgesprochene Kündigung vom 3. November 1993 scheitert ferner nicht an § 613 a Abs. 4 BGB. Das Landesarbeitsgericht hat dazu ausgeführt, es fehle schon an einem Betriebsübergang im Sinne dieser Vorschrift; die Beklagte habe weder ihr „know how“ noch ihre vertraglichen Beziehungen zu Kunden, noch sonstige immaterielle Wirtschaftsgüter an den jeweiligen Partner übertragen; der Gegenstand des Übergangs beschränke sich auf eine Arbeitsaufgabe, die von einem abhängig beschäftigten Arbeitnehmer auf einen selbständigen Vertragspartner übergegangen sei.
Dem hält die Revision entgegen, ob ein Übergang von Betrieben oder Betriebsteilen vorliege, richte sich ausschließlich danach, ob auch die betreffende Einheit ihre Identität wahre; davon sei vorliegend auszugehen, weil dieselbe Geschäftstätigkeit vom neuen Inhaber tatsächlich weitergeführt werden solle.


Das erscheint, wie bereits oben im Zusammenhang mit der Vertragswürdigung teilweise ausgeführt worden ist, zumindest fraglich, wenn danach für die Wahrung des Betriebscharakters der Beklagten erforderliche Betriebsmittel nicht von dieser auf die Partner übergehen, sondern wenn das maßgebliche Dienstleistungs- und Produktionsprogramm bei der Beklagten verbleibt, wie u. a. in § 2 Ziff. 5, 7, 8 und § 3 Ziff. 4 des Partnervertrages deutlich ausgewiesen ist. Das kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Selbst wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, trotz Zusammenfallens von bisheriger Arbeitnehmer- und jetziger Arbeitgeberstellung (als freier Mitarbeiter) liege ein „Übergang“ von immateriellen Mitteln vor, wobei die Identität der wirtschaftlichen Einheit gewahrt bleibe, so wirkt jedenfalls die mangelnde Bereitschaft der Klägerin, den Partnervertrag anzunehmen, wie ein Widerspruch gegen den „Betriebsübergang“. Mit der Nicht-Annahme des Partnervertrages hat die Klägerin selbst vereitelt, daß es zu dem von ihr so gesehenen Betriebsübergang gekommen ist, so daß der Schutzzweck der Norm des § 613 a Abs. 4 BGB nicht eingreift (ebenso bezüglich der gleich gelagerten Richtlinie 77/187/EWG: EuGH Urteil vom 7. März 1996 – Rs C-171/94 und 172/94 – DB 1996, 683, 684).


II.
Zur Revision der Beklagten: Die im Streit stehenden Gratifikationsansprüche auf je ein halbes weiteres Gehalt für 1991 und 1993 im Betrag von insgesamt 2.183,56 DM sind nicht begründet. Mangels vertraglicher Anspruchsgrundlage konnte dieser Anspruch nur auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gestüzt werden. Eine solche liegt nicht vor.
Die Beklagte hatte sich u. a. darauf berufen, für die Gruppe der Büroangestellten in D und für die der Gruppenleiterinnen gälten unterschiedliche Vergütungssysteme. Die Klägerin erhalte ebenso wie die anderen Gruppenleiterinnen das halbe Gehalt als Weihnachtsgeld im Gegensatz zu den ein volles Gehalt beziehenden Büroangestellten ohne Freiwilligkeitsvorbehalt und ohne Rückzahlungsklausel. Dieses Vorbringen hat die Klägerin nicht bestritten (§ 138 Abs. 3 ZPO), so daß es als zugestanden anzusehen ist. Es entspricht im übrigen dem Vorbringen im Parallelprozeß einer anderen Gruppenleiterin gegen die Beklagte, der mit einer Abweisung der Klage endete (BAG Urteil vom 27. März 1996 – 10 AZR 799/95 -, n.v.). Nach dieser Entscheidung, der sich der erkennende Senat anschließt, liegt ein die differenzierende Behandlung sachlich rechtfertigender Grund darin, daß die Klägerin und die anderen Gruppenleiterinnen ihr Weihnachtsgeld nach anderen Grundsätzen erhalten als die Büroangestellten. Die Gruppenleiterinnen haben einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine jährliche Weihnachtsgeldzahlung in der von der Betriebszugehörigkeit abhängigen Höhe und sind nicht zur Rückzahlung verpflichtet, wenn sie vor einem bestimmten Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausscheiden. Im Gegensatz dazu stehen die Weihnachtsgeldzahlungen an die übrigen Arbeitnehmer, die ein volles 13. Monatseinkommen als Weihnachtsgeld erhalten, unter dem Vorbehalt, daß es sich dabei um freiwillige Leistungen der Beklagten handelt, auf welche kein Rechtsanspruch besteht. Außerdem enthalten diese Weihnachtsgeldzahlungen den Vorbehalt, daß Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse vor dem 31. März des jeweiligen Folgejahres beendet werden, entweder kein Weihnachtsgeld erhalten oder erhaltenes Weihnachtsgeld zurückzahlen müssen. Solche Klauseln werden von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich als zulässig anerkannt (vgl. BAG Urteil vom 9. Juni 1993 – 10 AZR 529/92 – BAGE 73, 217 = AP Nr. 150 zu § 611 BGB Gratifikation). Damit hat die Klägerin bezüglich des Anspruchs auf ein Weihnachtsgeld eine erheblich stärkere Rechtsstellung als die von ihr als Vergleichsgruppe herangezogenen anderen Mitarbeiter der Beklagten. Ihr kann der Anspruch auf ein Weihnachtsgeld durch die Beklagte nämlich nicht einseitig durch Berufung auf einen Freiwilligkeitsvorbehalt entzogen werden. Vielmehr bedürfte es dafür einer Änderungskündigung, welche die Klägerin auf ihre soziale Rechtfertigung durch eine Feststellungsklage nach § 2 KSchG überprüfen lassen könnte, oder aber einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages. Außerdem behält die Klägerin ihren Weihnachtsgeldanspruch auch dann, wenn sie bis zum 31. März des jeweiligen Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.


Diese gegenüber den anderen Arbeitnehmern verbesserte Rechtsstellung führt dazu, daß nicht festgestellt werden kann, daß die Beklagte die Klägerin gegenüber den Mitarbeitern, die ein volles Monatseinkommen als Weihnachtsgeld erhalten, benachteiligt. Zwar ist es nicht möglich, rechnerisch festzustellen, wie die rechtliche Besserstellung der Klägerin gegenüber der wirtschaftlichen Besserstellung derjenigen Arbeitnehmer, die ein Weihnachtsgeld in Höhe eines vollen Monatseinkommens erhalten haben, finanziell zu bewerten ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es jedoch nicht, daß ein Ausgleich zwischen der rechtlichen und der wirtschaftlichen Besserstellung nur in einem rechnerisch eindeutig nachvollziehbaren Umfange erfolgen darf. Die Beklagte muß die Leistungen für jede Gruppe nicht so bemessen, daß sich die Benachteiligung oder Bevorzugung einer Gruppe bei der Höhe des Weihnachtsgeldes mit der Bevorzugung oder Benachteiligung in anderer Hinsicht – nämlich bei der stärkeren oder schwächeren Rechtsposition – rechnerisch „die Waage hält“. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nämlich nur eine sachwidrige Ungleichbehandlung, woran es hier fehlt.

 

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Vorinstanzen:

LAG München,  Urteil vom 25.01.1995, 9 Sa 379/94
ArbG Rosenheim,  Urteil vom 22.03.1994, 2 Ca 2052/93

 

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Fundstellen:

BAGE 83, 127