BAG – 2 AZR 616/99

Außerordentliche Kündigung wegen Krankheit – Unkündbarkeit

Bundesarbeitsgericht,  Urteil vom 18.01.2001, 2 AZR 616/99
Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24. August 1999 – 13 Sa 2831/98 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

 
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vom Beklagten am 3. Februar 1995 mit einer Auslauffrist zum 30. September 1995 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung sowie Verzugslohnansprüche und einen Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin.
Die 1942 geborene Klägerin war seit 1. Januar 1975 als Arzthelferin im Krankenhaus des beklagten Landkreises beschäftigt. Sie war in der Röntgendiagnostik eingesetzt, in den 80-ziger Jahren überwiegend in der computertomografischen Abteilung. Am 27. November 1978 hatte sie einen Wegeunfall. Gemäß Bescheid des Gemeindeunfallversicherungsverbandes vom 24. Oktober 1985 erhält sie deswegen seit dem 16. Januar 1979 eine Unfallrente. Aufgrund sozialgerichtlichen Vergleichs vom 1. Dezember 1994 ist die Klägerin als Schwerbehinderte anerkannt mit einem Grad der Behinderung von 50.
Am 28. November 1994 stellte die Klägerin einen Rentenantrag. Antrag und Widerspruch blieben zunächst erfolglos. Das Sozialgericht hat der Klägerin durch Urteil vom 4. Februar 1999 ab 1. Januar 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zugesprochen. Gegen dieses Urteil hat der Rentenversicherungsträger Berufung eingelegt, über die noch nicht entschieden ist.
Die Klägerin hatte ab 1990 folgende krankheitsbedingte Fehlzeiten (Arbeitstage):
1990 in 9 Fällen 143 Tage
01.01.1990 bis 09.02.1990
=
29 Tage
27.02.1990 bis 07.03.1990
=
7 Tage
21.02.1990
=
1 Tag
22.05.1990
=
1 Tag
05.06.1990 bis 13.07.1990
=
29 Tage
03.08.1990 bis 31.08.1990
=
21 Tage
03.09.1990
=
1 Tag
19.09.1990 bis 7.10.1990
=
13 Tage
29.10.1990 bis 31.12.1990
=
41 Tage
1991 in 6 Fällen 173 Tage
01.01.1991 bis 6.03.1991
=
46 Tage
18.04.1991
=
1 Tag
23.04.1991 bis 20.06.1991
=
40 Tage
30.07.1991 bis 1.10.1991
=
46 Tage
18.10.1991
=
1 Tag
28.10.1991 bis 22.12.1991
=
39 Tage
1992 in 5 Fällen 175 Tage
16.01.1992 bis 21.02.1992
=
27 Tage
13.04.1992 bis 22.06.1992
=
46 Tage
14.07.1992 bis 7.10.1992
=
62 Tage
23.10.1992
=
1 Tag
03.11.1992 bis 31.12.1992
=
39 Tage
1993 in 12 Fällen 160 Tage
01.01.1993 bis 10.01.1993
=
5 Tage
13.01.1993 bis 20.01.1993
=
6 Tage
02.02.1993
=
1 Tag
22.02.1993 bis 16.04.1993
=
38 Tage
22.04.1993
=
1 Tag
28.04.1993
=
1 Tag
08.06.1993 bis 18.06.1993
=
9 Tage
02.07.1993 bis 17.08.1993
=
27 Tage
09.09.1993 bis 03.10.1993
=
17 Tage
06.10.1993 bis 11.11.1993
=
27 Tage
18.11.1993
=
1 Tag
23.11.1993 bis 31.12.1993
=
27 Tage
1994 in 7 Fällen 177 Tage
01.01.1994 bis 07.03.1994
=
46 Tage
15.03.1994 bis 28.03.1994
=
10 Tage
12.04.1994 bis 24.04.1994
=
9 Tage
13.06.1994 bis 23.09.1994
=
75 Tage
28.09.1994
=
1 Tag
14.10.1994 bis 22.11.1994
=
9 Tage
19.12.1994 bis 31.12.1994
=
9 Tage
Krankheitsursachen waren zum überwiegenden Teil Lungenembolie und Kreislaufinsuffizienz. Der Beklagte schaltete den Betriebsarzt ein. Dieser teilte am 16. Januar 1995 mit, er habe die Klägerin untersucht, eine Änderung des bisherigen Krankheitsverlaufs sei nicht erkennbar, man müsse davon ausgehen, daß auch in Zukunft ähnliche Ausfallzeiten auftreten würden.
Unter dem 18. Januar 1995 bat der Beklagte die Schwerbehindertenvertretung, den Gesamtpersonalrat und den Personalrat des Krankenhauses um Stellungnahme zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Alle drei Gremien äußerten sich unter dem 19. Januar 1995 und erhoben keinen Widerspruch. Am 19. Januar 1995 beantragte der Beklagte bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Mit Bescheid vom 2. Februar 1995, dem Beklagten zugegangen am 3. Februar 1995, erteilte die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Mit Schreiben vom 3. Februar 1995 beantragte der Beklagte beim Gesamtpersonalrat, beim Personalrat und bei der Schwerbehindertenvertretung die Zustimmung zur Kündigung. Alle drei Gremien antworteten mit schriftlichen Stellungnahmen vom 3. Februar 1995. Daraufhin kündigte der Beklagte der Klägerin außerordentlich mit einer Auslauffrist zum 30. September 1995. Das Kündigungsschreiben wurde der Klägerin am 3. Februar 1995 gegen 10.00 Uhr per Boten zugestellt. Die Klägerin hat gegen den Bescheid der Hauptfürsorgestelle vom 2. Februar 1995 erfolglos Widerspruch eingelegt, ihre verwaltungsgerichtliche Klage ist in zwei Instanzen rechtskräftig abgewiesen worden.
Die Klägerin hält die Kündigung für unwirksam. Sie hat vorgetragen, eine negative Gesundheitsprognose sei nicht begründet. Die Stellungnahme des Betriebsarztes sei fehlerhaft, dieser sei unzutreffend davon ausgegangen, daß sie einen Schonarbeitsplatz innehabe. Im übrigen sei keine ordnungsgemäße Untersuchung erfolgt. Daß für die Zukunft nicht mit weiteren hohen Fehlzeiten zu rechnen gewesen sei, ergebe sich daraus, daß sie ab 6. November 1995 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Erhebliche betriebliche Auswirkungen durch die Fehlzeiten ergäben sich nicht. Sie sei seit Jahren nicht ordnungsgemäß in ihre Arbeit eingewiesen worden. Ab 1993 sei ihr praktisch keine Arbeit mehr zugewiesen worden. Der Beklagte habe durch dieses Verhalten Fehlzeiten provoziert. Als wesentliche Krankheitsursache seien Lungenembolien anzusehen, die auf dem Wegeunfall beruhten. Krankheitszeiten aufgrund eines Arbeitsunfalls könnten aber nicht berücksichtigt werden, außerdem sei vorliegend die Kündigung gemäß § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 a BAT ausgeschlossen. Weiter rügt die Klägerin die ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung und der Schwerbehindertenvertretung. Da die Kündigung am 3. Februar 1995 gegen 10.00 Uhr zugegangen sei, sei offensichtlich, daß zu diesem Zeitpunkt die am selben Tag eingeleitete Beteiligung des Personalrats, des Gesamtpersonalrats und der Schwerbehindertenvertretung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Aufgrund Annahmeverzuges des Beklagten habe sie Anspruch auf Gehalt einschließlich des 13. Monatsgehalts für die Zeit vom 6. November 1995 bis 31. Dezember 1996.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung seitens des Beklagten mit Schreiben vom 3. Februar 1995 nicht beendet worden ist,
  2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.204,25 DM brutto nebst 4% Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich eines kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Betrages von 1.090,00 DM.
  3. den Beklagten zu verurteilen, sie im Kreiskrankenhaus A, W bei Vergütung nach Gruppe VI b BAT weiterzubeschäftigen,
  4. den Beklagten zu verurteilen, an sie als Verzugsgehalt für das Jahr 1996 51.784,20 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen, abzüglich eines kraft gesetzlichen Forderungsübergangs auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangenen Betrages von 21.613,20 DM.

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, aufgrund der hohen Fehlzeiten in der Vergangenheit und der Feststellungen des Betriebsarztes habe eine Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht erfolgen können. Wegen der Häufigkeit des Fehlens habe die Klägerin im Dienstplan praktisch nicht mehr berücksichtigt werden können. Auch die Gehaltsfortzahlungskosten, die sich von 1990 bis 1994 auf 213.977,24 DM belaufen hätten, seien unvertretbar hoch gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
 
 
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung des Beklagten wirksam beendet worden ist.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aufgrund der zu erwartenden erheblichen Krankheitszeiten und Entgeltfortzahlungskosten bei der Klägerin bestehe ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung. Die Klägerin sei im Rahmen der Dienstplangestaltung des Krankenhauses nicht mehr einplanbar gewesen. Ihre Weiterbeschäftigung hätte deshalb dazu geführt, daß der Beklagte ihr das Gehalt hätte fortzahlen müssen, ohne ihre Arbeitskraft sinnvoll einsetzen zu können. Schon die erste Personalratsbeteiligung vor Einschaltung der Hauptfürsorgestelle sei nicht zu beanstanden.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in Teilen der Begründung. Die Rüge der Revision, § 54 BAT, § 626 BGB und § 65 Abs. 2 Nr. 9 iVm. § 68 Nds. PersVG seien verletzt, greift nicht durch.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Klägerin im Hinblick auf ihre Beschäftigungszeit und ihr Alter gem. § 53 Abs. 3 BAT nur noch aus in ihrer Person bzw. in ihrem Verhalten liegenden wichtigen Gründen fristlos gekündigt werden konnte, § 55 Abs. 1, § 54 BAT.
a) Aus § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT ergibt sich nicht, daß einem nach § 53 Abs. 3 BAT unkündbaren Angestellten krankheitsbedingt nur zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe gekündigt werden kann. Diese Vorschrift betrifft nur den Fall einer Leistungsminderung derart, daß der Angestellte zB krankheitsbedingt dauernd außerstande ist, Arbeiten seiner Vergütungsgruppe zu verrichten. Von einer Leistungsminderung kann aber nicht mehr die Rede sein, wenn der Angestellte im Betrieb überhaupt nicht mehr sinnvoll einzusetzen ist. Auf einen solchen Sachverhalt beruft sich hier der Beklagte, wenn er geltend macht, aufgrund der hohen Krankheitszeiten sei die Arbeitskraft der Klägerin weder in ihrem bisherigen noch an irgendeinem anderen Arbeitsplatz einplanbar gewesen. Die Klägerin bestätigt dies indirekt dadurch, daß sie schon vor Ausspruch der Kündigung eine Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt hat. Ist der Angestellte aber dauernd außerstande, im Betrieb noch sinnvoll eingesetzt zu werden, liegt kein Fall des § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT vor, es ist vielmehr zu prüfen, ob ein wichtiger personenbedingter Kündigungsgrund iSv. § 55 Abs. 1 BAT vorliegt(Uttlinger/Breier/Kiefer/Hofmann/Pühler BAT Stand: November 2000 § 55 Rn. 7 unter Krankheit).
b) Auch § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 a BAT schließt nicht, wie die Klägerin in den Vorinstanzen geltend gemacht hat, eine Beendigungskündigung nach § 55 Abs. 1 BAT aus. Zwar sind die Krankheitszeiten der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch einen Arbeitsunfall herbeigeführt worden. § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 a BAT schließt jedoch nur eine Änderungskündigung zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe wegen Leistungsminderung aus, wenn diese durch einen Arbeitsunfall herbeigeführt worden ist. Für eine personenbedingte Beendigungskündigung aus wichtigem Grund, deren Wirksamkeit sich nach § 54 BAT, § 626 BGB beurteilt, gilt diese Einschränkung nicht (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hofmann/Pühler BAT aaO; Böhm/Spiertz/Steinherr/Sponer BAT Stand: Dezember 2000 § 55 Rn. 27; vgl. Senat 16. September 1999 – 2 AZR 123/99 – AP BGB § 626 Nr. 159 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 2). Vorliegend hat der Beklagte keine Änderungskündigung wegen Leistungsminderung iSv. § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 BAT ausgesprochen. Er stützt vielmehr seine Beendigungskündigung darauf, daß aus seiner Sicht die Arbeitskraft der Klägerin aufgrund der hohen Fehlzeiten sinnvoll nicht mehr in den Betriebsablauf einzuplanen war. Weder aus dem Wortlaut, dem Sinn und dem Zweck des § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 a BAT, noch aus dem Gesamtzusammenhang des § 55 BAT ergibt sich, daß die Tarifpartner auch für einen derartigen Kündigungsgrund die nach § 55 Abs. 1 BAT ausdrücklich für zulässig erklärte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ausschließen wollten.
c) Eine Tarifnorm, die den Arbeitgeber zwingen würde, auch im Fall der Unzumutbarkeit ein sinnentleertes Dauerschuldverhältnis aufrechtzuerhalten, unterläge im übrigen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Senat 5. Februar 1998 – 2 AZR 227/97 – BAGE 88, 10, 22).
2. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kündigung erst erklärt, nachdem die Hauptfürsorgestelle ihre Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung getroffen hatte (§ 21 Abs. 3 SchwbG). Insoweit werden von der Revision keine Rügen erhoben.
3. Im Ergebnis ist dem Landesarbeitsgericht auch darin zu folgen, daß die Wirksamkeit der Kündigung nicht an einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats bzw. Gesamtpersonalrats scheitert.
a) Zu Unrecht macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, daß der Personalrat und der Gesamtpersonalrat überhaupt beteiligt worden seien. Hat der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG – nichts anderes gilt für die Beteiligung des Personalrats – im Detail schlüssig dargelegt, so muß der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast deutlich machen, welche der Angaben er aus welchem Grund weiterhin bestreiten will. Soweit es um Tatsachen außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung geht, kann der Arbeitnehmer sich dabei gem. § 138 Abs. 4 ZPO auf Nichtwissen berufen; ein pauschales Bestreiten des Arbeitnehmers ohne jede Begründung genügt dagegen nicht (Senat 16. März 2000 – 2 AZR 75/99 – AP BetrVG § 102 Nr. 114 = EzA BGB § 626 nF Nr. 179). Vorliegend hat der Beklagte die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats und des Gesamtpersonalrats durch Vorlage des einschlägigen Schriftverkehrs mit der Personalvertretung hinreichend konkret dargelegt. Diesen schlüssigen Tatsachenvortrag hätte die Klägerin im einzelnen bestreiten müssen. Ihr pauschales Bestreiten mit Nichtwissen ist vom Berufungsgericht zutreffend unbeachtet geblieben, denn es macht nicht deutlich, welcher Teil des Tatsachenvortrags des Beklagten bestritten werden soll.
b) Die Revision rügt allerdings zu Recht, daß die Begründung des Landesarbeitsgerichts, die Personalvertretung sei ausreichend beteiligt worden, weil jedenfalls innerhalb der Wochenfrist des § 76 Abs. 2 Nds. PersVG eine ordnungsgemäße Stellungnahme der Personalvertretung nicht eingegangen sei, das angefochtene Urteil in diesem Punkt nicht trägt. Die Betriebs- bzw. Personalratsbeteiligung bei einer außerordentlichen Kündigung unter Gewährung einer Auslauffrist gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer muß grundsätzlich wie bei einer ordentlichen Kündigung erfolgen(BAG 5. Februar 1998 – 2 AZR 227/97 – BAGE 88, 10; 8. Juni 2000 – 2 AZR 638/99 – EzA BGB § 626 nF Nr. 182; 18. Oktober 2000 – 2 AZR 627/99 – EBE/BAG 2001, 22). Stellt das Gesetz für die Mitwirkung des Betriebs- oder Personalrats bei der ordentlichen Kündigung schärfere Anforderungen auf als bei der außerordentlichen Kündigung, so würde sich im Ergebnis der tarifliche Ausschluß der ordentlichen Kündigung gegen den betreffenden Arbeitnehmer auswirken, würde man die Mitwirkung des Betriebs- oder Personalrats nur an den erleichterten Voraussetzungen bei einer außerordentlichen Kündigung messen. Unterliegt die außerordentliche Kündigung wie in § 75 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 76 Nds. PersVG nur der Anhörung, ist also insoweit nur das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen, während bei der ordentlichen Kündigung nach § 65 Abs. 2 Nr. 9 iVm. § 68 Nds. PersVG die Zustimmung des Personalrats erforderlich ist, so könnte dem tariflich besonders geschützten Arbeitnehmer leichter als den übrigen Arbeitnehmern gekündigt werden, würde man bei einer ihm gegenüber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist nur § 75 Abs. 1 Nr. 5 iVm. § 76 Nds. PersVG anwenden. Der darin liegende Wertungswiderspruch läßt sich nur durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Mitwirkung des Betriebs- bzw. Personalrats bei ordentlichen Kündigungen vermeiden.
c) Wendet man diese Rechtsprechung, an der der Senat festhält, auf den vorliegenden Fall an, so hat der Beklagte den Personalrat- bzw. Gesamtpersonalrat weder vor noch nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle ordnungsgemäß beteiligt. Dabei kann offenbleiben, ob der Personalrat oder der Gesamtpersonalrat zu beteiligen war.
aa) Mit gleichlautenden Schreiben vom 18. Januar 1995 hat der Beklagte den Personalrat und den Gesamtpersonalrat ausdrücklich um Stellungnahme zu der beabsichtigten Kündigung zur „Herstellung des Benehmens gem. § 75 Nr. 5 Nds. PersVG“ gebeten. Die Antwort der Personalvertretungen kann, auch wenn darin der Sache nach gegen die beabsichtigte Kündigung keine Einwendungen erhoben worden sind, schon deshalb nicht als die nicht beantragte Zustimmung zu der Kündigung verstanden werden.
bb) Mit den Schreiben vom 3. Februar 1995 hat der Beklagte den Personalrat und den Gesamtpersonalrat nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zwar ausdrücklich „nochmals“ um Zustimmung zu der Kündigung gebeten und die Revision geht selbst davon aus, die Antwortschreiben der Personalvertretung seien möglicherweise als Zustimmungserklärung auszulegen. Ob dies der Fall ist, kann aber dahinstehen. Die Erklärung des Personalrats ist jedenfalls, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hinweist, nach § 28 Abs. 2 Nds. PersVG rechtsunwirksam. Nach dieser Vorschrift vertritt der Vorsitzende den Personalrat in Angelegenheiten, die nur eine Gruppe (zB die Gruppe der Angestellten) betreffen, nur gemeinsam mit einem dieser Gruppe angehörenden Mitglied. Soweit in der Literatur teilweise vertreten worden ist (Bieler/Müller-Fritzsche Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz 6. bis 8. Aufl. §§ 28, 29 Rn. 37, anders, wenn auch nicht ganz klar, 9. Aufl. aaO Rn. 38), der Personalratsvorsitzende könne allein handeln, wenn er der betreffenden Gruppe angehöre, so ist dem nicht zu folgen. Ursprünglich enthielt das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz in § 40 Abs. 6 Satz 2 die Regelung, der Vorsitzende vertrete den Personalrat in Gruppenangelegenheiten nur dann gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied, wenn er nicht selbst der betreffenden Gruppe angehöre. § 28 Abs. 2 Satz 2 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes vom 2. März 1994 bestimmt demgegenüber, daß der Vorsitzende den Personalrat in Gruppenangelegenheiten (stets) gemeinsam mit einem der Gruppe angehörenden Mitglied vertritt. Die Gesetzesmaterialien ergeben eindeutig, daß es sich dabei nicht um ein Redaktionsversehen handelt; die Anregung zu prüfen, ob entsprechend der Regelung im bisherigen Recht (§ 40 Abs. 6 Satz 2 Nds. PersVG) auf die Zuziehung des Gruppenvertreters verzichtet werden könne, wenn der Vorsitzende selbst der betroffenen Gruppe angehöre, hat der zuständige Ausschuß bewußt nicht aufgegriffen (LT-Drucks. 12/6202 S 20). Das Gruppenprinzip soll damit nach dem Willen des Gesetzgebers durch die zweite Unterschrift auch in der Außenvertretung sichtbar gemacht werden (so richtig Dembowski/Ladwig/Sellmann Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen § 28 Nds. PersVG Rn. 36).
d) Gleichwohl verbietet es der Grundsatz des Vertrauensschutzes, die Wirksamkeit der Kündigung an der fehlerhaften Personalratsbeteiligung scheitern zu lassen. Nach der Rechtsprechung des Senats darf bei der Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats an einer Kündigung eine Rechtsprechungsänderung regelmäßig nicht dazu führen, daß einer Partei rückwirkend Handlungspflichten auferlegt werden, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann (Senat 29. März 1984 – 2 AZR 429/83 (A) – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 31 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 55; vgl. zur Rückwirkung von Gesetzen: Senat 21. Januar 1999 – 2 AZR 624/98 – AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 3 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 39). Zwar wirkt die Änderung auch einer lange geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich zurück, soweit dem die Grundsätze von Treu und Glauben nicht entgegenstehen; eine über § 242 BGB hinausgehende Einschränkung der Rückwirkung höchstrichterlicher Rechtsprechung ist aber dann geboten, wenn die von der Rückwirkung betroffene Partei auf die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte und die Anwendung der geänderten Auffassung wegen ihrer Rechtsfolgen im Streitfall oder der Wirkung auf andere vergleichbar gelagerte Rechtsbeziehungen auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Prozeßgegners eine unzumutbare Härte bedeuten würde (BGH 29. Februar 1996 – IX ZR 153/95 – BGHZ 132, 119).
Eine solche unzumutbare Härte ist hier anzunehmen. Es geht um gewichtige, auch verfassungsrechtlich relevante Interessen des beklagten Arbeitgebers, nämlich um die Frage, ob ein Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund beendet werden kann, weil ein sinnvoller Austausch von Leistung und Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Die Betriebs- oder Personalratsanhörung ist von der Rechtsprechung, ohne dies weiter zu problematisieren, auch bei einer außerordentlichen Kündigung unter Gewährung einer Auslauffrist gegenüber tariflich unkündbaren Arbeitnehmern stets nach den Vorschriften für eine außerordentliche Kündigung behandelt worden(Senat 9. September 1992 – 2 AZR 190/92 – AP BGB § 626 Krankheit Nr. 3 = EzA BGB § 626 nF Nr. 142; 21. November 1996 – 2 AZR 832/95 – BAGE 84, 370; 16. Januar 1997 – 2 AZR 57/96 – nv.; vgl. Urteil 31. Januar 1996 – 2 AZR 158/95 – BAGE 82, 124; wenn in dem Urteil vom4. Februar 1993 – 2 AZR 469/92 – EzA BGB § 626 nF Nr. 144 erwogen worden ist, bei einem Widerspruch des Betriebsrats in derartigen Fällen einen Weiterbeschäftigungsanspruch analog § 102 Abs. 5 BetrVG zu gewähren, betrifft dies ein Sonderproblem). Bei Ausspruch der Kündigung im Februar 1995 und damit weit vor der im Senatsurteil vom 5. Februar 1998 (aaO) angekündigten Rechtsprechungsänderung konnte sich der Beklagte deshalb darauf verlassen, richtig zu handeln, wenn er lediglich ein Benehmen mit der Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 5, § 76 Nds. PersVG herbeiführte. Dieses Vertrauen ist schutzwürdig. Berechtigte Interessen der Klägerin sind schon deshalb nicht entscheidend beeinträchtigt, weil die Personalvertretung bereits im ersten Beteiligungsverfahren keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Kündigung erhoben und, wenn auch nicht im Wortlaut, so der Sache nach der Kündigungsabsicht zugestimmt hat. Dies hat sie zusätzlich dadurch unterstrichen, daß sie auf den ausdrücklichen Zustimmungsantrag des Beklagten im zweiten Beteiligungsverfahren auf ihre Stellungnahme zu dem Schreiben vom 18. Januar 1995 Bezug genommen hat und die erste Stellungnahme deshalb ersichtlich der Sache nach als Zustimmung gewertet wissen wollte. Ist wie hier nach den Gesamtumständen davon auszugehen, daß der Personalrat in einem ordnungsgemäß eingeleiteten Mitbestimmungsverfahren der Kündigung zugestimmt hätte, so würde es eine unzumutbare Härte darstellen, wollte man die Wirksamkeit der Kündigung allein daran scheitern lassen, daß der Beklagte mit dem Schreiben vom 18. Januar 1995 nicht ausdrücklich um Zustimmung zu der Kündigung gebeten hat, sondern im Einklang mit der damaligen Rechtsprechung nur das Benehmen mit der Personalvertretung herstellen wollte.
Hätte aber der Beklagte schon mit Schreiben vom 18. Januar 1995 die Zustimmung der Personalvertretung zu der Kündigung beantragt, so läge zwar wegen Fehlens der zweiten Unterschrift keine wirksame Stellungnahme des Personalrats und des Gesamtpersonalrats zu der Kündigung vor. Dieser Fehler wäre aber jedenfalls dadurch geheilt, daß der Beklagte die Kündigung nicht vor Ablauf der Wochenfrist des § 68 Nds. PersVG seit der ersten Personalratsbeteiligung ausgesprochen hat, so daß die Zustimmung als erteilt gilt.(vgl. BVerwG 14. Juli 1986 – 6 P 12/84 – ZBR 1986, 312; Dembowski/Ladwig/Sellmann Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen § 28 Nds. PVG Rn. 39 mwN).
4. Die Rüge der Revision, § 54 BAT, § 626 BGB seien verletzt, greift ebenfalls nicht durch.
a) Das Berufungsgericht hat sich zutreffend bei seiner Würdigung an den allgemeinen Grundsätzen zur Bestimmung des wichtigen Grundes nach § 626 BGB orientiert. Verwendet ein Tarifvertrag den Begriff des wichtigen Grundes, ist grundsätzlich davon auszugehen, daß die Tarifparteien diesen in seiner allgemeingültigen Bedeutung iSd. § 626 BGB gebraucht haben und nicht anders verstanden wissen wollen (Senat 16. September 1999 – 2 AZR 123/99 – AP BGB § 626 Nr. 159 = EzA BGB § 626 Krankheit Nr. 2 mwN). Nach § 54 Abs. 1 BAT – insoweit nahezu gleichlautend mit § 626 BGB – kann das Arbeitsverhältnis bzw. Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
b) Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist bei einer Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten schon bei der ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab anzulegen. Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit kann dennoch in besonderen Fällen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abgeben. Eine solche kommt allerdings in der Regel nur dann in Betracht, wenn eine ordentliche Kündigung tariflich oder vertraglich ausgeschlossen ist (vgl. BAG 9. September 1992 – 2 AZR 190/92 – AP BGB § 626 Krankheit Nr. 3 = EzA BGB § 626 nF Nr. 142; KR-Fischermeier 5. Aufl. § 626 BGB Rn. 132); dann ist dem Arbeitnehmer aber regelmäßig eine Auslauffrist zu gewähren, die in ihrer Länge der sonst einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist entspricht. Ist dagegen eine ordentliche Kündigung möglich, so ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist normalerweise zumutbar, zumal der Arbeitgeber in der Regel von seiner Entgeltfortzahlungspflicht befreit ist(so schon BAG 16. Dezember 1960 – 1 AZR 429/58 – AP GewO § 133 c Nr. 3; BAG 9. September 1992 – 2 AZR 190/92 – aaO).
Auch wenn eine ordentliche Kündigung tariflich oder vertraglich ausgeschlossen ist, kann eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem kranken Arbeitnehmer nur in eng zu begrenzenden Ausnahmefällen für den Arbeitgeber iSd. § 626 Abs. 1 BGB unzumutbar sein (Senat 16. September 1999 – 2 AZR 123/99 – aaO). Wie bei der ordentlichen Kündigung hat die Prüfung in drei Stufen (negative Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes; erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen; Interessenabwägung) zu erfolgen, wobei der Arbeitgeber ggf. einen leidensgerechten Arbeitsplatz für den kranken Arbeitnehmer durch Ausübung seines Direktionsrechts freizumachen hat (Senat 29. Januar 1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107). Bei einer außerordentlichen krankheitsbedingten Kündigung ist der schon bei einer ordentlichen Kündigung zu beachtende strenge Prüfungsmaßstab auf allen drei Prüfungsstufen erheblich verschärft. Er muß den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind (Senat 16. September 1999 – 2 AZR 123/99 – aaO mwN).
c) Bei der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden kann, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 626 BGB Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, beachtet hat (Senat 12. Juli 1995 – 2 AZR 762/94 – AP BGB § 626 Krankheit Nr. 7 = EzA BGB § 626 nF Nr. 156). Dieser eingeschränkten Überprüfung hält das Berufungsurteil, das insoweit in zulässiger Weise (§ 543 ZPO) auf das erstinstanzliche Urteil ergänzend Bezug nimmt, stand.
aa) Was die negative Gesundheitsprognose anbelangt, so haben die Vorinstanzen aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs, der Aussage des Betriebsarztes vor dem Oberverwaltungsgericht und der vorgelegten ärztlichen Gutachten angenommen, im Kündigungszeitpunkt sei davon auszugehen gewesen, daß die Klägerin auch in Zukunft an etwa drei Viertel bis vier Fünftel der jährlich anfallenden ca. 220 Arbeitstage krankheits- bzw. urlaubsbedingt nicht zur Verfügung stehen würde und daß eine Änderung dieses Zustandes nicht absehbar gewesen sei. Gegen diese Feststellungen erhebt die Revision keine Rügen, an sie ist der Senat deshalb nach § 561 ZPO gebunden. Soweit die Klägerin demgegenüber in den Vorinstanzen lediglich geltend gemacht hat, sie beziehe ab 6. November 1995 Arbeitslosengeld und sei nicht mehr krankgeschrieben, hat das Berufungsgericht dies zutreffend nicht berücksichtigt. Abgesehen davon, daß es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Kündigung auf den Kündigungszeitpunkt ankommt (Senat 29. April 1999 – 2 AZR 431/98 – BAGE 91, 271), sagt der Bezug von Arbeitslosengeld noch nichts Entscheidendes darüber aus, ob die Klägerin der erneuten nervlichen und körperlichen Belastung durch die Arbeit im Krankenhaus des Beklagten gewachsen wäre; dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des zu diesem Zeitpunkt von der Klägerin schon gestellten Rentenantrags.
bb) Die durch die außergewöhnlich hohen Krankheitszeiten der Klägerin verursachten betrieblichen Belastungen waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ganz erheblich. Schon die 1990 bis 1994 angefallenen Gehaltsfortzahlungskosten in Höhe von 213.977,24 DM lassen erkennen, daß bei einer Fortdauer dieses Zustands ein vernünftiges Verhältnis von Leistung und Gegenleistung in dem Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mehr gegeben ist. Hinzu kommt, daß nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch die Arbeitsversuche der Klägerin zu betrieblichen Schwierigkeiten führten, weil die Krankheitszeiten bei der Klägerin so häufig und so unvorhersehbar waren, daß die Klägerin in den für die Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Krankenhausbetriebes erforderlichen Dienstplänen nicht mehr sinnvoll einplanbar war. Dabei hat das Berufungsgericht nicht einmal darauf abgestellt, daß es selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin fraglich erscheinen mußte, ob sie mit der geringen verbleibenden Arbeitszeit überhaupt noch das für eine Arzthelferin in der Röntgendiagnostik erforderliche Erfahrungswissen im Umgang mit neu angeschafften Röntgengeräten etc. gewährleisten konnte.
cc) Schließlich ist auch die Interessenabwägung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, innerhalb derer dem Berufungsgericht ohnehin ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht.
Das Berufungsgericht hat die Interessen der Klägerin, insbesondere ihr Alter, die lange Betriebszugehörigkeit und ihre Schwerbehinderung berücksichtigt. Es hat auch ausdrücklich darauf abgestellt, von dem Beklagten sei eine erhöhte Fürsorge für die Klägerin zu erwarten gewesen, weil ihre Krankheitszeiten im wesentlichen auf einem Wegeunfall beruht hätten. Die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Fürsorgepflicht sei der Beklagte nachgekommen, indem er nach dem Wegeunfall im Jahr 1978 in der Vergangenheit über lange Zeiträume erhebliche Krankheitszeiten mit entsprechenden Entgeltfortzahlungskosten hingenommen habe, hält sich im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz.
Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung nicht geprüft, ob der Beklagte mit allen zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb bzw. im Unternehmen versucht habe, ist unberechtigt. Durch Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils ist das Berufungsgericht insoweit davon ausgegangen, es sei weder ersichtlich noch von der Klägerin dargetan worden, daß in einem anderen Arbeitsbereich die Fehlzeiten geringer oder die betrieblichen Auswirkungen weniger gravierend gewesen wären; die Klägerin leide an einer Krankheit, die sich in allen in Frage kommenden Tätigkeitsbereichen gleichermaßen nachteilig auswirkten. Diese Bewertung entspricht dem festgestellten Sachverhalt. Wenn nach Aussage des Betriebsarztes vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Klägerin nach dem subjektiven Leistungsbild zum Kündigungszeitpunkt nicht einmal in der Lage gewesen wäre, den Leistungsanforderungen zu genügen, die man bei der Rehabilitation eines Infarktpatienten stellen würde, so ist schlechthin nicht vorstellbar, wie der Beklagte die Klägerin anderweitig leidensgerecht hätte einsetzen können. Auch die Klägerin hat im gesamten Prozeßverlauf insoweit keine Vorstellungen über etwaige Versetzungsmöglichkeiten entwickelt.
Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht das Interesse des Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat überwiegen lassen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 561 ZPO) war die Klägerin aufgrund ihrer Krankheitszeiten de facto nicht mehr als Arbeitnehmerin einplanbar. Der Beklagte hätte das Arbeitsverhältnis unter Umständen bis zum Rentenbezug noch etwa zehn Jahre fortsetzen müssen und erhebliche Gehaltsfortzahlungsleistungen erbringen müssen, ohne als Gegenleistung eine nennenswerte Arbeitsleistung der Klägerin zu erhalten. Die Aufrechterhaltung eines derart sinnentleerten Arbeitsverhältnisses hat das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung der erheblichen Interessen der Klägerin zu Recht als unzumutbar angesehen, da der Beklagte das krasse Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung in dem Arbeitsverhältnis mit der Klägerin schon lange Zeit hingenommen hat, ohne zum äußersten Mittel einer Kündigung zu greifen.
5. Da die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat, sind auch die Anträge der Klägerin auf Zahlung von Annahmeverzugslohn und Weiterbeschäftigung unbegründet.
 
 
Rost       Bröhl       Fischermeier
Nielebock       Bartel
 
_____
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen,  Urteil vom 24.08.1999, 13 Sa 2831/98
ArbG Oldenburg (Oldenburg),  Urteil vom 05.11.1998, 4 Ca 103/95
 
_____
Fundstellen:
NZA 2002, 455
DB 2002, 100